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Kultur: Vorfahrt auf dem Teppich

Mit dem Limousinenservice kommen die Festival-Gäste durch die Stadt

Veit Heltzel

BERLINALE–CHAUFFEUR

Um Gäste-Chauffeur der Berlinale zu sein, braucht man nicht nur einen Führerschein, sondern auch einen Personenbeförderungsschein, eine Ortskenntnisprüfung und natürlich Punktefreiheit in Flensburg. Der Tag beginnt für mich um sechs Uhr morgens. Ich fahre mit meinem VW Phaeton zum Flughafen, um einen Regisseur, einen Schauspieler oder einen Produzenten abzuholen. Ich bringe sie zu ihren Hotels und fahre dann Gäste vom Hotel in ein Restaurant, zur Pressekonferenz oder ins Kino. Die Stars werden von uns rund um die Uhr betreut, die kleinen holen wir nur vom Flughafen ab und bringen sie wieder hin. Pro Tag mache ich bis zu acht Touren, vor ein Uhr komme ich meist nicht ins Bett; aber der Kaffee macht den Job möglich.

Wenn ich vor dem roten Teppich vorfahre, ist das schon beeindruckend: die aufgeregte Menschenmasse, die Blitzlichter und die Scheinwerfer, die auf meinen Wagen fallen. Das ist die Atmosphäre, derentwegen ich den Job ja mache. Ganz toll finde ich das internationale Flair, die vielen Sprachen und dass die Filmleute viel lockerer sind als manche Manager, die ich sonst fahre. Wir sollen zwar nicht aktiv mit unseren Gästen das Gespräch suchen, sondern nur Gesprächsangebote erwidern. Aber meistens ergeben sich Unterhaltungen, weil die Berlinale-Gäste sehr positiv gestimmt sind.

Sicherlich hilft es auch, dass ich Englisch, Französisch und ein paar Brocken Spanisch spreche. Bei wichtigen Gästen sollte man sich auch vorbereiten und wissen, mit wem man es zu tun hat. Wenn wir Regisseure oder Schauspieler zu den Premieren ihrer Filme fahren, sind sie oftmals angespannt. Wenn wir sie aber hinterher abholen, ist die Angespanntheit meist einer gewissen Aufgekratztheit gewichen.

Privat habe ich kein Auto, da genügen mir die öffentlichen Verkehrsmittel, aber an das Fahren in diesen Limousinen gewöhnt man sich dummerweise ziemlich schnell. Problematisch ist der aggressive Fahrstil der Berliner, die drängeln und schneiden. Aber ich kann damit umgehen, ich absolviere ja Sicherheitsfahrtrainings.

Wir müssen die Autos zweimal am Tag durch die Waschanlage fahren und auch von innen säubern. Vor dem roten Teppich müssen die Wagen natürlich tipptopp aussehen. Nervig sind allerdings die vielen Krähen, die sich gegen Abend auf den alten Linden am Potsdamer Platz sammeln und genau auf den Bäumen niederlassen, unter denen wir die Wagen parken. Die scheinen sich richtiggehend verabredet zu haben, um unsere Limousinen zu beschmutzen.

Aufgeschrieben von Philipp Lichterbeck

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