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José Feliciano

© dpa / picture-alliance

José Feliciano im Tempodrom: Vorglühen für Weihnachten

Er ist einer der ganz Großen des Latin Pop: José Felicianos geschmeidige Soulstimme zieht einen noch immer in den Bann - und sein Hit "Feliz Navidad" sorgt für gute Laune.

Von Jörg Wunder

José Feliciano bei Obama. José Feliciano bei Johannes Paul II. José Feliciano mit berühmten Kollegen: Johnny Cash, Frank Sinatra, Bing Crosby, Carlos Santana – ein Film erinnert vor Konzertbeginn daran, welch bedeutender Künstler erwartet wird. Das ist auch nötig, denn der Ruhm des blinden Sängers und Gitarristen aus Puerto Rico, der ein Impulsgeber für Latin Pop war, scheint verblasst: Das Tempodrom ist nur schütter gefüllt. Die Anwesenden, unter ihnen eine enthusiastische Fraktion lateinamerikanischer Expats, spenden warmen Applaus, als der 71-Jährige zum Platz in der Bühnenmitte geleitet wird. Das Alter ist nicht spurlos an ihm vorübergegangen, zudem hat er mit den Nachwehen einer Lungenentzündung zu kämpfen – man könnte es gut verstehen, wenn der Mann seinen Ruhestand in der Karibik genießen würde, statt durch Europa zu reisen.

Doch Feliciano ist von dem Wunsch beseelt, die Menschen mit seiner Musik zu beglücken. Und das funktioniert. Bei „California Dreaming“ und einer funky Version von „Billie Jean“ hakt es noch, klingt die Konzertgitarre leicht verstimmt, ist das Zusammenspiel mit der sechsköpfigen Begleitband etwas asynchron. Bald jedoch werden Felicianos Gitarrensoli impulsiver, auch wenn seine Finger nicht mehr ganz die stahlfederartige Präzision früherer Jahre haben.

An dem Mann ist ein Komiker vorbeigegangen

Vor allem aber ist es diese warme, immer noch jugendlich geschmeidige Soulstimme, die einen in den Bann zieht. Verblüffend, wie er sich Pop- Standards zu eigen macht. Das funktioniert bei „Ain’t No Sunshine“ oder „Suspicious Minds“, am besten aber bei „Light My Fire“ von den Doors, das er 1968 in einer famosen Latin-Soul-Version aufnahm, die nichts von ihrer Glut eingebüßt hat.

Jahreszeitlich bedingt liegt ein Schwerpunkt des knapp zweistündigen Auftritts auf adventlichen Klängen. Für „Silent Night“ und Schuberts „Ave Maria“ bittet er einen österreichischen Sopranisten namens Arno auf die Bühne, was nur eine mittelgute Idee ist. Viel besser klingt da Lennons „Happy Xmas“, dessen sanfter „War is over“-Refrain eine zeitlose Wehmut verströmt. Sentimentale Anwandlungen bricht José Feliciano immer wieder mit humorvollen Ansagen: An dem Mann ist ein Komiker verloren gegangen.

Er scheut nicht vor (autobiografischen) Blindenwitzen zurück und scheint in seiner Muttersprache noch lustiger zu sein, wie prustendes Gelächter andeutet, wenn er seinen Percussionisten auf Spanisch vorstellt oder den Evergreen „Que Sera“ ankündigt. Abschließend vereint sich das Publikum zum Jubelchor beim unvermeidlichen „Feliz Navidad“, dem vielleicht lebensfrohesten, universell verständlichsten, ganz sicher mitreißendsten Weihnachtslied des Planeten – solange es von einem Meister wie José Feliciano dargeboten wird.

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