zum Hauptinhalt
Die Oper „Sancta“ polarisiert.

© dpa/Nicole Marianna Wytyczak

Update

Echtes Blut und Sexszenen: Provokante Oper „Sancta“ in Stuttgart ist nun ausgebucht

Die Oper ist erst ab 18 Jahren freigegeben – und überforderte doch Besucher bei den ersten Vorstellungen. Nach Berichten über Notarzteinsätze explodierte die Nachfrage nach Tickets.

Stand:

Trotz – oder gerade wegen – einer Alterseinschränkung, fettgedruckter Warnhinweise und Berichten über Notarzteinsätze gibt es für die verbliebenen fünf Vorstellungen der provokanten und blutigen Opernperformance „Sancta“ in Stuttgart keine Karten mehr.

„Nachdem die Nachrichten gestern explodiert sind, sind von gestern auf heute sämtliche verbleibenden Vorstellungen ausverkauft worden“, sagte der Sprecher der Staatsoper, Sebastian Ebling, der Deutschen Presse-Agentur. Die Nachfrage sei aber auch schon zuvor gut gewesen. Nach Stuttgart ist das Stück Ende November an zwei bereits ausverkauften Abenden an der Volksbühne in Berlin zu sehen.

Rund um die ersten beiden Vorstellungen von Florentina Holzingers „Sancta“ habe sich der Besucherservice um insgesamt 18 Menschen gekümmert, die zum Teil über Übelkeit geklagt hätten, hatte Ebling zuvor gesagt. In drei Fällen habe ein Arzt dazu geholt werden müssen. Zuvor hatten die „Stuttgarter Nachrichten“ und die „Stuttgarter Zeitung“ berichtet.

Opernhaus warnt ausdrücklich vor Blut und Gewalt

Mit ihren Arbeiten, bei denen sie radikal und freizügig weibliche Körper in Szene setzt, schmerzhafte Stunts einbaut und auch vor Trash nicht zurückschreckt, sorgt Holzinger seit Jahren für Aufsehen in der Theaterwelt. In „Sancta“ bringt sie mit aufreizender Deutlichkeit lesbische Liebesszenen auf die Bühne, zieht christliche Rituale ins Lächerliche und prangert die sexuelle Unterdrückung der Frau an.

Spiritualität, Sexualität, aber auch Religionskritik und ein kritischer Blick auf religiöse und gesellschaftliche Gewalt ständen im Mittelpunkt der Aufführungen, informiert auch die Staatsoper. „Grenzen auszuloten und lustvoll zu überschreiten war von jeher eine zentrale Aufgabe der Kunst“, zitiert die Oper ihren Intendanten Viktor Schoner.

Das Haus warnt auf seiner Homepage aber auch ausdrücklich, die Aufführung der skandalumwitterten österreichischen Aktionskünstlerin zeige explizite sexuelle Handlungen sowie Darstellungen und Beschreibungen auch von sexueller Gewalt. Auch seien echtes Blut sowie Kunstblut, Piercingvorgänge und eine Verwundung zu sehen. Stroboskopeffekte, Lautstärke und Weihrauch würden ebenfalls eingesetzt.

Die Oper empfiehlt die Performance Zuschauern, die „wagemutig auf der Suche nach neuen Theatererfahrungen sind“, wie es auf der Homepage heißt. Allerdings sei Performancekunst neben dem Einsatz einiger Theatermittel eben „kein Fake, sondern echt“, sagte Ebling. Im Fall der in „Sancta“ gezeigten, auch sexuellen Gewalt warnt das Haus daher auch explizit vor Retraumatisierungen.

Nach Angaben von Opernsprecher Ebling soll mit Blick auf die noch geplanten fünf „Sancta“-Abende nichts geändert werden. Auch kämen Übelkeit und Ohnmacht immer wieder vor, sagte er. Die Premiere sei umjubelt gewesen. Er sei überzeugt, es seien im Wesentlichen Menschen in den Besucherreihen gewesen, „die wussten, auf was sie sich einlassen“.

Ähnlich begeisternd muss es auch Ende Mai und im Juni bei der Premiere in Schwerin gewesen sein. Wenngleich ohne vergleichbare Folgen, wie Katharina Nelles, die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit beim Mecklenburgischen Staatstheater, betonte.

Es habe glücklicherweise bei keiner der vier ausverkauften Vorstellungen von „Sancta“ Vorfälle gegeben, bei denen der Besucherdienst oder die anwesenden Sanitäter aufgrund von Ohnmacht oder Übelkeit gerufen worden seien, sagte sie. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })