Kultur: Was machen wir heute?: Koreanische Mönche besuchen
Es gibt ja Dinge, die sind aus der Mode gekommen. Haushaltstage zum Beispiel nimmt heute niemand mehr, und für Frieden und Völkerfreundschaft hat auch keiner Zeit.
Es gibt ja Dinge, die sind aus der Mode gekommen. Haushaltstage zum Beispiel nimmt heute niemand mehr, und für Frieden und Völkerfreundschaft hat auch keiner Zeit. Nur selten kommt man in die Verlegenheit, das zu bedauern, aber manchmal erhält man dazu unerwartet eine Chance.
Es gibt nämlich ein kleines Restaurant in Prenzlauer Berg, das auf den anhaltenden Boom asiatischer Lebenskünste anspielt, im Grunde aber eine Schule für Völkerverständigung ist. Das Restaurant ist eher ein Wohnzimmer, vollgestellt mit meterhohen Schilf- und Schlinggewächsen und ein paar dunkelrot leuchtenden Orchideen. Mobilar und Geschirr sind zusammengesucht, und an den Wänden hängen chinesische Kalligraphien. Das ungewöhnlichste aber ist, dass der Laden mit dem unendlichen Namen "Bo Mun Sa, Ye Rim Won Galerie" nicht von Gastronomen, sondern von koreanischen Mönchen betrieben wird.
Entsprechend selbstvergessen tickt dort die Zeit. Obwohl die Sushi und Reisgerichte ausgesprochen köstlich schmecken, darf man hier keineswegs mit hungrigem Magen erscheinen. Geduld ist die wichtigste Tugend, und auch für eine Tasse Tee braucht man mindestens zwei Stunden Zeit. Der Mönch in der grauen Kutte und mit viel zu großer Brille bedient nun mal allein. Gäbe es nicht die Nachmittagsstunden, in denen er mit einer zierlichen Frau am Ofen sitzen und auf die ersten Gäste warten würde, könnte man denken, der Mann kocht auch noch selbst. Aber er nimmt die Bestellung auf, verschwindet in der Küche, schließt hinter sich die Tür und hilft der Frau beim Kochen. Heraus kommt er erst wieder, wenn ein Gericht fertig ist. Die Gäste sind also sehr lange mit sich allein.
Belohnt werden sie dafür mit dem Gefühl, privater Gast in einem koreanischen Tempel zu sein. Denn wenn die erste Wartezeit mit Betrachtungen der sonderbaren Einrichtung verstrichen ist und man zur Abwechslung den Weg zur Toilette sucht, durchquert man einen Raum, für den man die Schuhe ausziehen muss. Das Zimmer mit dem Teppichboden beherbergt einen Buddha-Schrein, vor dem man Kerzen entzünden und niederknien kann. An einigen Tagen in der Woche unterrichtet dort sogar ein Meister Zen-Meditation, Tai Chi und Kalligraphie.
Das Restaurant öffnet jeden Tag um 13 Uhr, aber in der Regel kommen die ersten Gäste erst am frühen Abend. Dann sind die sieben Tische schnell besetzt und werden es erfahrungsgemäß auch den ganzen Abend bleiben.
Übrigens bekommen Sie nicht unbedingt die Speisen, die Sie bestellt haben, aber das macht auch nichts, weil es in jedem Fall lecker schmeckt. Aber bitte diskutieren Sie am Ende nicht mit dem Mönch darüber. Er hat dafür bestimmt vergessen, den Tee, die Suppe und das Dessert auf die Rechnung zu setzen. Und nach all den Stunden unerschütterlicher Ruhe und Friedfertigkeit sollte man nichts anderes empfinden als tiefe Dankbarkeit.
Britta Wauer