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Blick in die Stände der Galerie Andreas Binder (links) und von Korff Fine ArtMunich auf der Munich Highlights.

© Munich Highlights/Jens Bruchhaus

Wenn das Sehen reicher wird: Die Kunstmesse Munich Highlights mixt Epochen von Gotik bis Gegenwart

Die Münchner Messe bietet von der Skulptur des 15. Jahrhunderts über Malerei des Expressionismus bis zur Gegenwartskunst echte Schätze. Selbst Entdeckungen zu kleinen Preisen sind möglich.

Von Eva Karcher

Stand:

Große Kunst braucht einen zweiten und darüber hinaus viele weitere Blicke über manchmal lange Zeiträume. Auf der Kunstmesse Munich Highlights im Kaiserhof der Münchner Residenz vermittelt der Stand der Salzburger Galerie Thomas Salis diese Erkenntnis mit Werken aus unterschiedlichen Epochen, die nebeneinander arrangiert wurden. Fasziniert wandert der Blick hin und her zwischen Francis Picabias Gouache „Deux Têtes“ von 1931, bei der der Maler Köpfe ineinander übergehen lässt (225.000 Euro) und dem aus Lindenholz geschnitzten Kopf einer Skulptur von Johannes dem Täufer vom Ende des 15. Jahrhunderts (85.000 Euro) unmittelbar daneben.

Plötzlich verändert sich die eigene Perspektive, das Sehen erneuert sich, es wird reicher und vielfältiger. Der Mut, Objekte unterschiedlicher Stile und Perioden kenntnisreich zu mixen, zeichnet nicht nur das Galleristenpaar Raffaela und Thomas von Salis aus. Zahlreiche der 60 Händler der Munich Highlights, die meisten aus dem deutschen und österreichischen Raum, kultivieren ihr Talent zum lustvollen Eklektizismus und inszenieren Genres und ästhetische Modelle von der Antike bis zum 21. Jahrhundert neben- und miteinander.

Von Gotik bis Gegenwart

Die illustre, oft adelige Münchner Gesellschaft, die bei der Preview durch die Gänge des Messezelts schlenderte, genoss den hochkarätigen Mix aus Möbeln, Porzellan, Schmuck, Silber, Teppichen, Gemälden, Skulpturen und Fotografien von der Gotik bis zur Gegenwart. Bestes Beispiel: Der Gemeinschaftsstand von Michael Zink und Marco Pesarese, die unter anderem eine Zeichnung von Yoshitomo Nara aus dem Jahr 1997 (Euro 85.000) und einen Geburtsteller von Giovanni di Ser Giovanni (der jüngere Bruder von Masaccio) aus dem 15. Jahrhundert kombinieren.

Ein weiteres Highlight der Highlights bewundern Besucher direkt hinter dem Eingang am Stand des Bamberger Antiquitätenhandels Christian Eduard Franke; es ist das erlesene Portrait von Kurprinzessin Maria Antonia von Sachsen im schimmernden Brokatkleid mit Hermelinmantel, gemalt um 1750 vom damals erst 22-jährigen Malerstar Raphael Mengs (147.000 Euro). Schräg gegenüber widmet die Kunstkammer Georg Laue ihren Stand dem „deutschen Giambologna“ Leonhard Kern, um dessen Kabinettstücke, darunter die kleine Alabasterfigur „Maria Magdalena in der Einöde“, um 1614 bis 1620 entstanden und für 480.000 Euro angeboten, sich einst die deutschen Fürstenhöfe rissen.

Elegantes Empire

Von der ersten Stunde an wurde verkauft. So konnte Kunsthändler Peter Mühlbauer, bekannt für seine als prachtvolle Interieurs designten Stände, den hocheleganten Empire-Schreibtisch „Bonheur du Jour“ vom St. Petersburger Ebenisten Heinrich Gambs für 165.000 Euro weitergeben. Hans Maulberger, Spezialist für Informel und Zero, reichte Emil Schumachers großformatiges, gelb leuchtendes Gemälde „Helios II“ für 250.000 Euro ebenso weiter wie eine rot funkelnde Leinwand von Otto Piene für 138.000 Euro.

Rege besucht war die Bielefelder Galerie Samuelis Baumgarte, die anlässlich ihrer Messepremiere und ihres 50-jährigen Jubiläums mit zwei Ständen auftrat. In der größeren Koje, die Alexander Baumgarte Meisterwerken der Weimarer Republik widmete, ballten sich die Besucher zeitweise vor Ernst Ludwig Kirchners in Pink, Violett, Blau und Grün hypnotisch strahlendem Gemälde „Zwei Frauen im Wald“. Flurgeflüster hatte das 1924, in der Davoser Zeit des Künstlers entstandene Werk als teuerstes der Messe geoutet. Für das mit 2,9 Millionen Euro dotierte Gemälde gäbe es konkretes Interesse, verrät der Galerist.

2,9
Millionen Euro soll Ernst Ludwig Kirchners „Zwei Frauen im Wald“ kosten – das teuerste Werk auf der Messe.

Gegenüber am zweiten Stand hat das Galerieteam liebevoll die beiden Ateliers der Malerin Feodora Hohenlohe nachinszeniert. Im Zentrum steht die Originalstaffelei der Künstlerin, an den Wänden hängt eine reiche Auswahl ihrer subtilen Stillleben und Porträts (700 bis 20.000 Euro, einige verkauft).

Junge Galerien auf der Messebühne

Ein weiterer Erstaussteller auf den Munich Highlights ist Henri Neuendorf, einer der Söhne von Artnet-Gründer Hans Neuendorf. Von New York aus arbeitet er ohne eigene Räume als Kunstvermittler. Das großformatige Gemälde „Seascape with Frieze of Girls II” von US-Pop-Art-Künstler John Wesley aus dem Jahr 1985, das in seiner Leichtigkeit an Matisse erinnert, konnte er für 200.000 Dollar platzieren.

Mit Neuendorf betritt auch eine Riege jüngerer Galeristen die Messebühne; für Messeleiterin Juana Schwan überfällig: „Junge Sammler brauchen junge Händler mit zeitgemäßen Ideen“. Auf der Messe sind das Nina Jahn, Sina Stockebrand, Laura Schmitz, Robert Eberhardt, Marvin Ackermann und Maximilian Lerch.

Nicht versäumen sollten die Besucher die zeitgenössischen Galerien, die wie die Münchnerin Elka Jordanow im Zelt zu finden sind oder wie die Galeristen Andreas Binder, die Gebrüder Lehmann und der Berliner Kristian Jarmuschek in einem der beiden Seitenflügel rechts und links vom Entrée residieren. Schnell verkauft waren die Caspar David Friedrich variierenden Zeichnungen und Aquarelle von Slawomir Elsner (9000 bis 26.000 Euro) bei Lehmann. All jene, die an jüngsten Positionen interessiert sind, sollten in der Sektion „Highlightslab x Wunderkunst“ vorbeischauen: Hier sind Entdeckungen zu kleinen Preisen möglich.

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