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Kultur: Wie ein Befreiungsschlag - Peter-Klaus Schuster über die Neuordnung der Berliner Museen

Peter-Klaus Schuster ist seit dem 1. August Generaldirektor der Staatlichen Museen Berlin.

Peter-Klaus Schuster ist seit dem 1. August Generaldirektor der Staatlichen Museen Berlin. Der 55-jährige Kunsthistoriker war zuvor kurzzeitig Direktor der Münchner Gemäldesammlungen. Zuvor leitete er die Berliner Nationalgalerie, deren Direktion er auch jetzt wieder innehat. - Das Gespräch mit Schuster führte Nicola Kuhn.

Herr Schuster, Ihre Visionen klingen überzeugend, aber lassen sie sich beim fortgeschrittenen Planungsstand überhaupt realisieren?

Gegenüber Tatsachen können nur Visionen entwickelt werden. Dabei weise ich jeden bilderstürmerischen Impetus von mir. Es ist eher ein Möglichkeitsdenken wie in einem Baukastensystem. Vieles wird lange nach meiner Zeit realisiert werden, aber wir sind durch den Masterplan auf dem Weg für die nächsten zehn Jahre.

Dennoch erscheint manches brisant: Die Gemäldegalerie am Kunstforum wurde für 300 Millionen nicht für die Kunst des 20. Jahrhundert errichtet. Wie wollen Sie das dem Steuerzahler vermitteln?

Die Gemäldegalerie bleibt in jedem Falle etwas Wunderbares. Darauf kommt es an. Ohne Wolf-Dieter Dubes Insistieren auf diesem Gebäude und an dieser Stelle wäre das Ganze überhaupt nicht vorstellbar. Stattdessen sind nun auf der Museumsinsel Fakten geschaffen, die erneutes Fragen ermöglichen. Und wir sind jetzt in der Lage, Antworten zu finden.

Wie sind die Reaktionen der Museumsdirektoren, mit denen Sie Ihre Überlegungen sicher vorher erörtert haben?

Die programmatische Verlautbarung muss ein Einzelner treffen, auch wenn man das im Vorfeld bespricht. Meine Vorschläge sind kein Konsenspapier, das kann es gar nicht sein. Man muss dann daran arbeiten, wie weit man kommt, wie weit man Zustimmung findet. Es ist einfach eine Projektion. Wir brauchen den Horizont, der über den Tag hinaus weist.

Ein Nachdenken über die Museumsinsel hatten Sie schon zu Ihrem Amtsantritt angekündigt. Wieso gehen Sie gerade jetzt mit Ihren Überlegungen an die Öffentlichkeit?

Eigentlich ist es die Collage des Zufalls. Zugleich ahnt man natürlich, dass der jetzige Zeitpunkt - nach der Unesco-Entscheidung zugunsten der Museumsinsel als Weltkulturerbe und vor der Stiftungsratssitzung - Sinn macht. Ich habe mir lange überlegt, in welcher Form man diese Überlegungen publizieren kann.

Also gibt es eine Denkschrift, die Sie dem Stiftungsrat am Montag vorlegen werden?

Nein, es gab im Vorfeld meiner Berufung nach Berlin entsprechende Überlegungen. Wenn ein solcher Vorschlag "out of the blue" käme, dann wäre das ein viel zu großes Risiko gewesen, dann hätte man nie von München nach Berlin gehen müssen. Man hatte schon vor meiner Berufung bei mir vorgefühlt und nach Überlegungen für die Zukunft der Museumsinsel gefragt.

Vor Ihrem Weggang von Berlin nach München hatten Sie aber noch in eine andere Richtung gedacht. Damals gehörten Sie nicht zur Gruppe der Museumsdirektoren, die sich für das Bodesche Konzept auf der Museumsinsel eingesetzt hatte.

Während meiner Berliner Zeit fand ich die Entscheidung für die Gemäldegalerie am Kulturforum völlig richtig. Das war der erste gordische Knoten, der gelöst werden musste. Mit einem Jahr Abstand in München und einer ganz anderen Museumswelt kommt das Nachdenken darüber: Ob die Gemäldegalerie überhaupt der Ort ist, wo man noch in 30 Jahren diese Dinge erwartet; ob es nicht immer ein schales

Nachfragen geben wird, warum sich die alten Meister ausgerechnet hier befinden? In München habe ich gespürt, dass Standorte auch das Schicksal von Galerien entscheiden. Hinzu kommt, dass es nun eine Unterteilung der Museumsquartiere nach Epochen gibt, nicht mehr nach Kunstgattungen oder Sparten.

Gerade dies spricht am meisten für Ihre Vision. Die Neuverteilung wirkt wie eine Rettung der Museumsinsel.

Ja, man hat das Gefühl, da sind die Dinge am richtigen Platz. Ich glaube, man erwartet die alten Meister dort, wo das Pathos noch tradiert wird. Es ist die große Chance, eine Freistätte für die Wissenschaft und Künste in dieser alten Mitte Berlins zu etablieren. Zwischendrin gab es dort ja auch nationale Repräsentation und wilhelminischen Kulturimperialismus, Zeugnisse "deutscher Größe". Wenn wir diesen Ort wirklich zu einem Museumbezirk machen, wo über diese Geschichte, Kunst und Kultur nachgedacht wird, dann öffnen wir einen kulturellen Raum, wie er in keiner anderen Stadt mehr herzustellen ist. Ein deutscher Louvre.

Gibt es schon einen Punkt, an dem die Umsetzung Ihrer Ideen konkret sichtbar wird?

Man sollte jetzt niemanden verärgern oder irritieren und die Dinge festzurren. Aber dieses Konzept, im Alten Museum die Berliner Sammlung in ihrer Gänze mit immer wieder neuem Blick vorzustellen, das würde ich schon gerne versuchen.

Mit Werken aller Sammlungen der Staatlichen Museen?

Ja, man kann sich irgendein Thema vorstellen , die Gebärdensprache etwa. Dafür gibt es Material in Dahlem, am Kulturforum und auf der Museumsinsel, das gesamte Alphabet der Formen. Alles stammt aus Berliner Sammlungen, die sich selber als Kreuzwege durch die Weltkulturen anbieten und sich gegenseitig erhellen. Diese Fülle kann keiner mehr übersehen, gerade weil in Berlin alles dezentral auf drei Museumsquartiere verteilt ist. Deshalb muss es einen Ort geben, wo man dies zusammen hat.

Herr Schuster[Ihre Visionen klingen überzeug]

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