Kultur: Wie es im Buche steht
Eine
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von Andrea Dernbach
Machen Bücher Angst? Ausgerechnet in dem Berliner Museum, das dem Volk des Buches und seiner Geschichte gewidmet ist, scheint es ein paar Ängstliche zu geben. Im Jüdischen Museum erinnern seit kurzem zwei Vitrinen an eine Berliner Liebesgeschichte, die der NS-Terror beendete. „Aimée und Jaguar“, die Geschichte der jüdischen Berliner Abiturientin Felice Schragenheim, in die sich die überzeugte Nationalsozialistin und vierfache Mutter Lilly Wust Hals über Kopf verliebte, schrieb 1994 die Autorin Erica Fischer auf. Das Buch wurde ein Welterfolg und hat sich allein auf Deutsch eine halbe Million mal verkauft. Der Film von Max Färberböck mit Juliane Köhler und Maria Schrader in den Titelrollen wurde 1999 auf der Berlinale vorgestellt.
Über Fischers Buch freilich verlieren die Begleittexte zu den Vitrinen im Museum keine Silbe: „Durch den Film ,Aimée und Jaguar’ wurde die Geschichte von Felice und Lilly berühmt“ heißt es lapidar. Da das nicht stimmt, wandte sich die Buchautorin an das Museum und bat um Korrektur, irritiert nicht nur wegen der merkwürdigen Damnatio memoriae, der man sie, die selbst Jüdin ist, im Jüdischen Museum aussetzt, sondern auch über eine weitere schwer verständliche Ungenauigkeit: Zu Felices Tod heißt es auf einer der kleinen Erläuterungstafeln: „Sie starb Anfang 1945 in einem Konzentrationslager“. Durch Fischers Recherchen ist seit 2002 bekannt, dass Felice in Bergen-Belsen umkam.
Die Antwort der Kuratorin Maren Krüger: Die Formulierung aller Texte orientiere sich „an den Bedürfnissen der Besucher“. Da ist es gut zu wissen, dass man im Bookshop des Hauses beim Publikum ein unverkrampfteres Verhältnis zum Gedruckten vorauszusetzen scheint. Dort ist „Aimée und Jaguar“ nicht nur als Taschenbuch zu haben, sondern auch Erica Fischers Dokumentation „Das kurze Leben der Jüdin Felice Schragenheim.“ Färberböcks Film hingegen gibt’s hier nicht.
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