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Meghan Markle und Prinz Harry bei ihrem Interview mit Oprah Winfrey.

© Reuters

Rassismus bei den Royals: Wir müssen reden, liebes Königshaus

Meghan Markle und Prinz Harry machen vor, wie Kommunikation funktioniert. Die Kolumne Spiegelstrich.

Klaus Brinkbäumer ist Programmdirektor des Mitteldeutschen Rundfunks in Leipzig. Sie erreichen ihn unter Klaus.Brinkbaeumer@extern.tagesspiegel.de, auf Twitter unter @Brinkbaeumer.

Heute schreiten wir zurück, denn heute steht ein Grundkurs an, tut mir leid, manchmal muss das sein. Seit mehr als einem Jahr, in bislang 77 Folgen dieser Kolumne haben wir über Kommunikation kommuniziert, und stets ging es um das „wie“.

Wie redet die Kanzlerin, wie bewältigen wir Krisen, wie bringen wir Strategien und die Wirklichkeit zusammen oder wie unterscheiden wir deutsches Englisch und englisches Deutsch?

Heute allerdings kommen wir zu Ihnen, Königliche Hoheit, und zu Dir, Großbritannien, und darum müssen wir leider ganz von vorn anfangen: Heute sind wir beim „ob“.

Ob Menschen wirklich miteinander reden müssen? Ob derart modernes Zeugs wie zwischenmenschlicher Gedankenaustausch nötig ist? Ist doch Gefühlskram, ist Untertanengedöns.

Meghan Markle bat vergeblich um Hilfe

Da wir gerade bei Gefühlskram sind, hier vier Geheimnisse aus meinem Privatleben: 1. Das einzige, das ich in meinem nicht mehr jungen Leben bislang als traumatisch empfunden habe, war die Verweigerung von Kommunikation. 2. Ach, und die Abschiede ohne Erklärung, das Ende von Freundschaften ohne ein Wort, das tat deshalb auch weh.

3. Das absurdeste Arbeitsverhältnis, in dem ich mich je befand, war jenes, in welchem keine Erwartung und keine Enttäuschung, kein Ziel und keine Kritik formuliert wurden. 4. Das Gegenteil kenne ich auch: Lasset uns reden – was wollen wir wie erreichen, und wer macht warum was?

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Dieses Gegenteil, ich schwöre es, ist effektiver und billiger und macht sogar Spaß. Damit zurück zu Ihnen, Hoheit, und zu Dir, Großbritannien.

Im wahren Leben sagt Prinz Harry, dass sein Vater Charles seine Anrufe nicht mehr entgegengenommen habe. Seine Ehefrau Meghan sagt, sie habe Hilfe gebraucht, erbeten, keine bekommen.

Erfunden, aber ist es deshalb unwahr?

In der fiktionalen Serie „The Crown“ versucht jener Charles, als Kind, seinen Eltern zu erklären, wie einsam er in der Schule ist. Dass er Geländeläufe hasst und Theater spielen will.

Und dass er Camilla liebt. Ständig steht er vor seiner Mutter, und die Queen dreht sich weg, angeekelt, zugleich verlegen; als sie Jahre später von einem Gefühl ereilt zu werden scheint, erbittet sie Termine mit ihren vier Kindern, weiß allerdings nicht, welche Interessen sie haben. Wer sind diese Fremden? Die Queen verlangt Dossiers, also schreibt ihr Stab Dossiers, für jedes Kind eine Akte. Die Szene ist erfunden, doch ist sie deshalb unwahr?

Im wahren Leben sagt Meghan Markle, sie habe sich umbringen wollen, habe es nicht ertragen im eisigen Buckingham Palace, den Rassismus nicht, das Schweigen, die ganze groteske Brutalität, die das Königshaus seit Jahrzehnten, wenn nicht seit seiner Erfindung mit Würde verwechselt. Auf die Idee, vor Rassismus ausgerechnet in die USA zu fliehen, muss man erst einmal kommen, aber das ist nicht unsere Sache: Harry und Meghan scheinen in Kalifornien heimisch geworden zu sein.

Auch Diana wurde nicht gehört

In „The Crown“ versucht Diana, Harrys Mutter, ihren Ehemann Charles zu erreichen, aber der steht bloß krumm da, die Fäuste in die Fronttaschen seines Sakkos gerammt, eifersüchtig auf Diana.

Im wahren Leben haben dann halt andere zugehört. Martin Bashir von der BBC hatte vor gut 25 Jahren Fragen an Diana, und diese brachte Bulimie („Ich hasste mich selbst“) und Untreue („Wir waren zu dritt in dieser Ehe“) in die öffentliche Diskussion

Diesmal wollte Oprah Winfrey etwas wissen und fragte. Meghan und Harry wollten etwas sagen, antworteten, erweiterten den Themenkreis ihrer ehemaligen Welt um Rassismus und Suizid.
So geht das, Your Majesty, man nennt es Gespräch. Nächste Folge: Berührungen.

Klaus Brinkbäumer

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