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Die Statue von Walter Lübcke steht am Landwehrkanal mit Blick auf das Konrad-Adenauer-Haus, die CDU-Parteizentrale.

© dpa/Markus Lenhardt

„Walter Lübcke Memorial“: Aktivisten errichten Mahnmal vor der CDU-Zentrale

Das Zentrum für politische Schönheit hat eine Statue des ermordeten CDU-Politikers vor dem Konrad-Adenauer-Haus aufgestellt. Die Genehmigung kam vom Bezirksamt Berlin Mitte.

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Berlin hat eine neue Gedenkstätte. Sie nennt sich „Walter Lübcke Memorial“, ihr Herzstück ist eine Bronzestatue des ehemaligen hessischen Regierungspräsidenten. „Ermordet am 2. Juni 2019 von einem Anhänger der Alternative für Deutschland“, so steht es auf einer Tafel zu Füßen der Skulptur.

Der Ort für dieses Memorial, zu dem auch eine Schautafel, eine Bank und eine Stele mit der Aufschrift „Walter Lübcke Platz“ zählen: unmittelbar vor dem Konrad-Adenauer-Haus, der Zentrale der Partei, der Lübcke angehörte.  

Doch nicht die CDU selbst hat das Denkmal in Auftrag gegeben, sondern das Zentrum für politische Schönheit (ZPS) – die Berliner Aktionskunstgruppe, die sich schon mehrfach deutscher Erinnerungskultur gewidmet hat. Beispielsweise mit dem Nachbau des Holocaust-Mahnmals auf Björn Höckes Nachbargrundstück.

„Wir sind uns sicher, dass die CDU selbst ein Denkmalprojekt für Walter Lübcke initiieren wollte, es aber aus Zeitgründen nicht geschafft hat“, sagt ZPS-Gründer Philipp Ruch, „deswegen übernehmen wir jetzt den Job.“ Unter anderem soll Generalsekretär Carsten Linnemann aus seinem Büro einen unverstellten Blick auf die Gedenkstätte haben.

Wir sind uns sicher, dass die CDU selbst ein Denkmalprojekt für Walter Lübcke initiieren wollte, es aber aus Zeitgründen nicht geschafft hat.

Philipp Ruch, Gründer des Zentrums für Politische Bildung

Das „Walter Lübcke Memorial“ verfolgt ein ernsthaftes politisches Anliegen, wie alle Unternehmungen des ZPS. „Der Weg des Faschismus führt über die Konservativen“, heißt es im Trailer zur Aktion. „So war es damals, so kommt es wieder.“ Philipp Ruch sagt: „Wie wahrscheinlich viele Menschen in diesem Land beobachte ich mit Schrecken die Annäherung der CDU an Extremisten.“

Er zielt auf die anhaltende Debatte über die Brandmauer zur AfD, die gerade erst durch den schwankenden Kurs des Bundes der Familienunternehmer neu angefacht wurde. Ihre Dringlichkeit hat sie vor allem durch die gemeinsame Abstimmung von CDU und AfD zum „Zustrombegrenzungsgesetz“ Ende Januar gewonnen.

Der CDU zuvorgekommen: Das Zentrum für Politische Schönheit ist veremeintlich davon überzeugt, dass die Partei längst die Aufstellung eines Memorials für ihr ermordetes Mitglied Walter Lübcke im Sinn hatte.

© dpa/Markus Lenhardt

Lübcke, erinnert Ruch, war ein Brandmauer-Verfechter. Einer, „der für die harte Abgrenzung von Menschen- und Demokratiefeinden stand“. Er setzte sich für Geflüchtete ein und stellte sich gegen Pegida. „Deswegen wurde er von einem überzeugten AfD-Anhänger hingerichtet“, so Ruch. Genau daran soll die Lübcke-Statue vor dem Adenauer-Haus erinnern. Als Mahnmal gegen verhängnisvolle Bündnisse, als Memento mori für Zeiten der Versuchung, Rechtsextremisten durch Regierungsbeteiligung entzaubern zu wollen. Damit entfaltet diese ZPS-Aktion mehr Wucht und moralische Schärfe als zuletzt etwa die Beschallung des Alice-Weidel-Sommerinterviews mit einem „Scheiß AfD“-Chor.

In Auftrag gegeben wurde das Bronze-Werk bei dem Künstler Mohamed Smith, der auch „Bremer Banksy“ genannt wird, weil er seine wahre Identität geheim hält und für Guerilla-Aktionen bekannt ist. So lässt er ohne Genehmigung Statuen von Obdachlosen im Stadtraum auftauchen. Klandestine Energie war im Fall des „Lübcke Memorials“ allerdings gar nicht nötig.

Anders als frühere Interventionen des ZPS siedelt die Aktion nicht in einer juristischen Grauzone. Der Standort vor dem Adenauer-Haus sei vom Bezirksamt Mitte offiziell genehmigt, für mindestens ein Jahr, verkündet das ZPS per Pressemitteilung. Die Bezirks-Bürgermeisterin, Stefanie Remlinger (Grüne), soll das Memorial am morgigen Mittwoch offiziell eröffnen.

Ob die Familie des Ermordeten in die Aktion eingeweiht war, dazu gab das ZPS offiziell keine Auskunft. Die Webseite jedenfalls zitiert den Sohn Lübckes mit einem Gleichnis von Deichen, die es immer wieder neu gegen die Sturmflut zu rüsten gelte: „So ähnlich ist das mit der Bedrohung für die Demokratie.“

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