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Birgit Hein (1942–2023).

© rbb/Oliver Ziebe/Oliver Ziebe

Zum Tod der Experimentalfilmerin Birgit Hein: Kämpferin für die Sache der Frauen

Mit Birgit Hein verliert Akademie der Künste eine wichtige Akteurin, die Filmwelt eine couragierte Regisseurin.

Die Filmemacherin und Filmwissenschaftlerin Birgit Hein ist am 23. Februar 2023 in Berlin gestorben. Seit 2007 war sie Mitglied der Akademie der Künste, wenige Jahre später Stellvertretende Direktorin der Sektion Bildende Kunst bis zum Jahr 2021.

Birgit Hein war über Jahrzehnte auf unterschiedlichsten Feldern erfolgreich und einflussreich tätig. Als experimentierfreudige Künstlerin schuf sie zusammen mit Wilhelm Hein die ersten Materialfilme, Meilensteine der Zeit wie „Rohfilm“ (1968) oder „Strukturelle Studien“ (1974).

Auch entwickelte sie die theoretischen Grundlagen des Experimentalfilms wie „Film im Underground“ (1971) oder „Film als Film“ (1977). Als Professorin an der Hochschule für Bildende Kunst in Braunschweig unterrichtete und prägte sie von 1990 bis 2008 Generationen von heute erfolgreichen Künstler*innen wie Bjørn Melhus, Christoph Girardet und Volker Schreiner.

Ihr viertes Arbeitsfeld war ihre kuratorische und vermittelnde Arbeit: In Köln gründeten Birgit und Wilhelm Hein 1968 mit XSCREEN den ersten Ort für Experimentalfilm mit Multiprojektionen und Performances. Mit ihrer theoretischen und kunsthistorischen Expertise überzeugte sie andere Kurator*innen, den Experimentalfilm gleichrangig neben traditionellen künstlerischen Positionen in aktuelle Themenausstellungen einzubeziehen.

Der Experimentalfilm feiert Einzug auf der Documenta

Nach ihrem ersten Auftritt auf der Documenta 5 (1972) kuratierte Birgit Hein mit „Projekt 74“ die erste Gruppenausstellung für Experimentalfilm mit 13 Künstler*innen in Köln. Nur wenige Jahre später feierte der Experimentalfilm Einzug auf der Documenta 6 (1977), unter anderem vertreten durch Michael Snow, Wilhelm und Birgit Hein, Heinz Emigholz, Anthony McCall und Jack Smith.

„Es ging Birgit Hein in der zeitgenössischen Filmarbeit nicht nur um die Subjektivität des optischen Reproduktionskatalogs, um künstlerische Prozesse und um die reproduzierte Realität, sondern um die Funktionsweise der physischen Wahrnehmung selbst“, so Akademie-Mitglied Wulf Herzogenrath.

1992 erhielt die Filmemacherin für „Die unheimlichen Frauen“ (1991) den Preis der deutschen Filmkritik als bester Experimentalfilm: Es handelt sich dabei um eine Bild-, Text- und Soundcollage, die sie Frauen widmet, die Opfer oder Täterinnen wurden. „Dabei geht es immer auch um mich: um meine Ängste und um meinen Kampf, die eigene Stärke ausleben zu können“, beschreibt Birgit Hein ihre Arbeit, eines der Hauptwerke des feministischen Experimentalfilms. (Tsp)

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