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Das Richard Wagner-Denkmal im Berliner Tiergarten

© Foto: Mike Wolff

Künstliche Intelligenz: Von Richard Wagner inspiriert

Computergenerierte Musik kann einen Beitrag zu der Debatte leisten, was Kunst überhaupt ausmacht: das Dresdner Projekt „Meistersinger reloaded“.

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Am heutigen Sonntag führt die Singakademie Dresden in der dortigen Lukaskirche das Chorstück „Meistersinger reloaded“ auf - das von einer Künstlichen Intelligenz (KI) komponiert wurde. Eine dreiminütige KI-Komposition, erstellt auf der Basis von Werken Richard Wagners, die bei diesem Konzertabend von Kompositionen Franz Schuberts, Felix Draesekes und Alexander Zemlinskys eingerahmt wird.

Der Komponist Richard Wagner ist in vielerlei Hinsicht kein Vorbild – so hat er sich Mitte des 19. Jahrhunderts klar antisemitisch geäußert und positioniert. Seine Musik wird heute allerdings bis heute von vielen Klassikfans verehrt - und galt schon damals als gesellschaftspolitisches Gesamtkunstwerk.

Jetzt sollten Wagners Kompositionen sogar als Grundlage dienen, um eine KI für das Komponieren eines Chorstücks zu trainieren. Richard Wagner als Inspiration? Das neukomponierte Stück soll laut Michael Käppler, dem Leiter der Singakademie Dresden und Dirigenten des Abends, zum Diskurs über den problematischen Komponisten beitragen.

Kreativität in der digitalisierten Welt

Käppler hat das Projekt angestoßen. Ihm war es wichtig, einen Beitrag zur Frage zu leisten, was Kreativität in der heutigen digitalen Welt bedeutet. Um diesen künstlerischen Gedanken und sein technologisches Interesse miteinander zu verknüpfen, startete er vor einem Jahr mit Kristian Kersting, Professor für Machine Learning und Künstliche Intelligenz an der TU Darmstadt, und dem Heidelberger KI-Start-up Aleph Alpha das Projekt „Meistersinger reloaded“. Das neue Chorstück stammt aus der Implementierung eines künstlichen neuronalen Netzes des KI-Forschers Koen Oostermijers von Aleph Alpha.

Gefüttert hat das Team ein transformerbasiertes Modell mit etwa 36.000 Musikstücken, also ungefähr 5000 Stunden Musikmaterial. Auch Large-Language-Modelle wie Lamda fußen auf Transformermodellen, die mit maschinellem Lernen eine große Menge an Beispieldaten verarbeiten und durch sogenanntes Deep-Learning selbst Text, Bild oder Musik generieren können.

Wie die KI Regeln von Musik erlernte

Da es aber nicht unendlich viel Musik von Wagner gibt, haben die Forscher:innen die KI zu Beginn mit jeglicher Art von Klaviermusik gefüttert, besonders aus der romantischen Musikepoche. Erst für das Feintuning, nachdem die KI die generellen Regeln der Musik verstanden hatte, habe das Team Wagners Kompositionen verwendet, erklärt der Projektbeteiligte Wolfgang Stammer der TU Darmstadt. Somit war das Modell in der Lage, zwar Wagners Stil und Charakter in das Werk einfließen zu lassen, nicht aber dessen Stücke auswendig zu lernen und nur Bekanntes wiederzugeben, was als Overfitting bezeichnet wird.

Mit dem KI-komponierten Stück möchte das Projektteam eine Diskussion zur kreativen Mensch-Maschine-Beziehung entfachen. „Ich finde den Dialog wichtig“, sagt Kersting. Schließlich stelle sich mit fortschreitender elektronischer und computergenerierter Musik die Frage, wie dennoch Emotionen durch Kunst übermittelt werden können und warum Menschen davon begeistert sind. Die Kreativität dieses Stücks fuße auf menschlicher Kreativität, erklärt Käppler, doch komponiert wurde sie am Ende von dem künstlichen neuronalen Netz. Kersting sieht das als Chance für die Zukunft – durch diese Symbiose können neue Ideen für die Musik entstehen.

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