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Künstliche Intelligenz: Wie wettbewerbsfähig ist Europa?
Milliarden werden weltweit in die neue Technik investiert. Aber ist Europa zu vorsichtig und zu langsam, um global mithalten zu können?
- Antonio Krüger
- Katharina Morik
- Kristian Kersting
Stand:
Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat der KI-Branche in Europa Unterstützung in Milliardenhöhe versprochen. Künstliche Intelligenz (KI) werde die Gesundheitsversorgung verbessern, Forschung und Innovation vorantreiben und die Wettbewerbsfähigkeit steigern, teilte die deutsche Spitzenpolitikerin auf dem KI-Aktionsgipfel in Paris mit.
Sie kündigte an, dass die sogenannte InvestAI-Initiative um 50 Milliarden Euro aufgestockt werde. Konkret solle es etwa einen neuen europäischen Fonds in Höhe von 20 Milliarden Euro für KI-Gigafabriken geben.
Aber reicht das, um mit den Entwicklungen in China und den USA mitzuhalten? US-Präsident Donald Trump hat kurz nach seinem Amtsantritt angekündigt, dass OpenAI und große Technologie-Partner im Rahmen des Programms Stargate 500 Milliarden Dollar in neue KI-Rechenzentren stecken werden. Die Chinesen haben die Welt kürzlich mit der Entwicklung der AI-App DeepSeek überrascht.
Die Frage, ob Europa in Zukunft im Bereich der Künstlichen Intelligenz mithalten kann, beantworten in der Serie „3auf1“ drei Experten aus Deutschland. Alle Teile der Serie finden Sie hier.
Kein Erkenntnis-, sondern ein Investitionsproblem
Unsere KI-Forschung ist wettbewerbsfähig. Das Volumen des Risikokapitals, das in Europa eingesetzt wird, um Forschungsprototypen zu Produkten weiterzuentwickeln, ist es nicht. Wir haben in Europa kein Erkenntnis-, kein Umsetzungs-, sondern ein Investitionsproblem.
Der AI Act – oder die KI-Verordnung (KI-VO) – ist eine epochale Gesetzesinitiative. Wahrscheinlich stimmen alle KI-Praktiker zu, dass ‚KI-Systeme mit unannehmbarem Risiko‘ in der EU keine Marktzulassung bekommen dürfen. Gesetzliche Vorgaben müssen sich aber in der Rechtsprechung bewähren. Die daraus resultierenden praktischen Erfahrungen werden dazu führen, dass die KI-VO mitwächst und an Innovationssprünge angepasst wird. Das ist herausfordernd, schafft aber Investitionssicherheit und vermeidet gesellschaftliche Belastungen. Die KI-Verordnung hemmt keine Innovation, sondern definiert Leitplanken und schafft damit Handlungsspielräume. Nicht alle technisch möglichen Lösungspfade können verfolgt werden, aber mit der KI-Verordnung liegen die legalen Bedingungen vor, die für eine Zulassung zu erfüllen sind.
Europa sollte auf seine Daten aufpassen
Was die kommerzielle Umsetzung angeht, sind deutsche Firmen immer noch zögerlich. Dadurch entgeht uns das schnelle Feedback, durch das unsere Produkte immer besser werden. Natürlich ist für die deutsche KI nach wie vor wichtig, dass unsere ausgezeichnet qualifizierten Postdocs unbefristete Verträge bekommen und die KI-Zentren für agile Forschung gefördert werden. Dazu gehört eine vielseitige Rechnerausstattung.
Europa und insbesondere Deutschland sollten sehr genau auf ihre Daten aufpassen. Hier haben wir gerade wegen der Vielsprachigkeit in Europa und auch wegen der starken industriellen Produktion einen entscheidenden Vorteil, den wir nicht aus der Hand geben sollten. Open-Source ist wichtig für den Entwicklungsfortschritt. Dies betrifft Algorithmen und Benchmarks, aber nicht bestimmte Datensammlungen. Wie gesagt: diesen Schatz sollte Europa für sich behalten. Die 50 Millionen Euro der europäischen entsprechen nicht den Milliarden Dollar der US-amerikanischen Investitionen. Hier muss nachgebessert werden.
Hinterherhinken bei der kommerziellen Umsetzung
Europa und Deutschland sind in der akademischen KI-Forschung international anerkannt und treibend. Unternehmen wie Aleph Alpha, Mistral und NXAI zeigen, dass wir mitspielen können. Doch in der kommerziellen Umsetzung hinken wir hinterher. Ohne stärkere Investitionen und Kooperationen zwischen Forschung und Industrie, ohne Vertrauen in KI bei der Bevölkerung und der Politik, wird es schwierig mit den USA und China mitzuhalten.
Europa braucht eine Organisation nach dem Vorbild der Europäischen Organisation für Kernforschung oder der Europäischen Weltraumagentur, die Infrastruktur, Talent und Ressourcen bündelt, um wettbewerbsfähige KI-Technologien zu entwickeln. In den nächsten zehn Jahren sind bestimmt 100 Milliarden Euro erforderlich, um nicht nur bestehende KI-Technologien aus anderen Ländern anzupassen oder auf Nischenbereiche zu beschränken, sondern um eine eigene Grundlage für sichere, zuverlässige und vielseitig einsetzbare Technologien zu schaffen. Nur mit einer starken Basis kann Forschung schneller in marktreife Anwendungen überführt werden. Nur mit einer starken Basis können wir eine KI entwickeln, die Europas Werte widerspiegelt.
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