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Lightshow mit Warndreieck: Der neuentwickelte Audi A5 ist der Nachfolger des A4
Ungerade oder gerade Zahlen? An der Nummerierung eines Audi-Modells ist künftig leicht zu erkennen, ob es sich um einen Verbrenner oder ein E-Mobil handelt
Stand:
Das war knapp, zum zweiten Mal schon bei diesem spontanen Bergrennen. Erst ein Trecker, der Anhänger hoch beladen mit Strohballen. Einer der beiden Wagen kann gerade noch ausweichen, dreht aber neben der Fahrbahn eindrucksvolle Pirouetten. Dann, einige Haarnadelkurven und Tunnel weiter, quält sich ein Rudel Radsportler die enge Straße hoch, den Seite an Seite dahin rasenden PS-Monstern entgegen. In einem Cockpit siegt in letzter Sekunde die Vernunft, der Fahrer bremst, der gegnerische Wagen kann passieren. Die Radler freilich kippen reihenweise um.
Die Teststrecke war „GoldenEye“-Drehort
Nein, dieses verkehrsrechtlich fragwürdige Kräftemessen gehört nicht zu den Fahrerlebnissen im neuen Audi A5 bei einigen Testrunden westlich von Nizza. Es stammt aus „GoldenEye“, Pierce Brosnans erstem Auftritt als James Bond, also Aston Martin gegen Ferrari. Aber die Straße, auf der die Szene gedreht wurde, ist genau die, auf der nun der frisch entwickelte, im Audi-Werk Neckarsulm produzierte Wagen in vergleichsweise moderatem Tempo dahinrollt. Zwar sind hier trotz unentwegter enger Kurven 80 km/h zulässig, aber das überlässt man besser den Einheimischen und 007.

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Parkmöglichkeiten sind auf der bei Gréolières beginnenden Bergstrecke rar, aber schließlich findet sich doch für einen Stop eine Schotterfläche neben der Fahrbahn, um das Panorama zu genießen und vor allem einen gründlicheren Blick auf das Fahrzeug zu werfen.
Es ist die Version als Limousine, schon bei flüchtigem Hinschauen leicht vom zuvor ausprobierten Avant zu unterscheiden: Diesmal keine Dachreling, die beim Avant serienmäßig ist.
„Ein für Audi komplett neues Limousinenkonzept“
Sie würde ohnehin nicht zu der mit fast coupéhaftem Schwung nach hinten sich neigenden und in einem kurzen Heck auslaufenden Dachlinie der Limousine passen. Sorgen, man könne den Wagen deswegen nur schlecht beladen, muss man sich nicht machen: In die Heckklappe ist das rückwärtige Fenster integriert, „ein für Audi komplett neues Limousinenkonzept“, wie es heißt.

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Angesiedelt in der oberen Mittelklasse, ist der A5 also, ob als Avant mit seiner flacheren, in einem kurzen Heckspoiler mündenden Dachlinie oder eben auch als Limousine, ein praktischer Fünftürer. Dazu einer mit ausgesprochen sportlicher Anmutung: Gestreckte Silhouette, lange Motorhaube, betonte Radkästen, was vom Hersteller als „Reminiszenz an den Audi Urquattro“ gedeutet wird. Ein insgesamt sehr ansehnlicher Auftritt, und wem das noch immer nicht sportlich genug ist, kann sich für die Ausstattungsstufe „Exterieur S line“ oder gleich die rasantere Version S5 entscheiden, mit größeren vorderen Lufteinlässen und anderen optischen Spezialdetails.
Gemeinsam sind aber allen die Finessen der Front- und Hecklichter. Schon bei dem vor drei Jahren vorgestellten Audi Q4 konnte per Touchscreen zwischen vier Varianten des Tagfahrlichts, zusammengesetzt aus rund einem Dutzend LED-Segmenten, gewählt und der Wagen so „personalisiert“ werden. Mittlerweile ist die Technik weiter, sind die LEDs zahlreicher. So stehen beim neuentwickelten A5 nun dank der optionalen Matrix LED-Scheinwerfer in Kombination mit den digitalen OLED-Heckleuchten vorne wie hinten acht Lichtsignaturen zur Verfügung.

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Auch sollen letztere nicht länger nur leuchten, sondern kommunizieren, also dem nachfolgenden Verkehr Signale aussenden. Motto: „Car-to-X“. Einem herannahenden Radler wird beispielsweise durch ein kleines, aufgrund der sehr schmalen Leuchten leider oben abgeschnittenes Warndreieck mitgeteilt, dass der Fahrer dabei ist auszusteigen, mithin die Gefahr eines Dooring-Unfalls droht. Bevor alle Verkehrsteilnehmer solche Lichtsignale zu deuten wissen, dürfte es freilich etwas dauern.
Vom Armaturenbrett zur „digitalen Bühne“
Gesteuert wird diese Lightshow über die myAudi-App oder das den Innenraum optisch dominierende Panoramadisplay. In ihm sind der wie gewohnt hinterm Lenkrad platzierte Bildschirm mit den wichtigen Fahrdaten und der Infotainment-Touchscreen zu einer Einheit verbunden. Man mag in diesem Panorama, wie von Audis Wortkünstlern vorgeschlagen, eine „Digital Stage“, eine „digitale Bühne“ sehen oder auch nicht – das XXL-Display trägt jedenfalls zum großzügigen Raumgefühl im Wageninneren bei, und wegen seiner zur Fahrerseite hin leicht gewölbten Form sind noch die entferntesten digitalen Buttons gut erreichbar.

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Optional gibt es zusätzlich ein Beifahrerdisplay, auf dem man surfen, streamen, navigieren oder auch nur die nächste Tankstelle suchen kann. All dies ist vom Fahrersitz aus nicht einsehbar, die Gefahr der Ablenkung dank des vorgesehenen „Privacy Mode“ gebannt. Als vierter digitalisierter Blickfang ist auf Wunsch auch ein Head-up-Display zu haben.
Eine Frage der Nummerierung
Einer kurzen Erläuterung bedarf wohl die Nummerierung des Wagens. Audi bewirbt den nagelneuen nicht etwa als nächste Generation des alten A5, vielmehr als Fortführung der Baureihe A4. Die Nummer 4 bleibt nun dem elektrischen SUV Q4 vorbehalten, wie künftig gerade Ziffern für E-Modelle stehen sollen, ungerade für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, auch dann, wenn – wie bei der ausprobierten Limousine wie auch dem Avant – ein bisschen Stromantrieb dabei ist.
Motorisiert waren die beiden Testfahrzeuge mit einem 204 PS starken Benziner, unterstützt durch das neue Mild-Hybrid-System MHEV plus. Dessen Clou ist – so die Audi-Terminologie – ein „Triebstranggenerator (TSG) mit integrierter Leistungselektronik“, also ein direkt hinter dem Siebengang-Automatikgetriebe positionierter Elektromotor mit einer zusätzlichen Leistung von 24 PS. Dieses aus einer mittels Rekuperation geladenen 48-Volt-Batterie mit Strom versorgte E-Motörchen macht den Wagen noch mal etwas spritziger im Anfahren und Beschleunigen. Zudem reduziert er den Spritverbrauch: Bei langsamer Fahrt oder beim Parken und Rangieren schaltet das System automatisch auf rein elektrischen Antrieb.

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Wahlweise sind die 204 PS starken Benziner – wie auch die gleichstarke Version für unentwegte Diesel-Fans – als Frontantriebler oder in Audis klassischem Quattro-Stil zu haben, während das Topmodell der Baureihe, der auf noch mehr Dynamik getrimmte S5 mit seinem ebenfalls MHEV plus-unterstützten V6-Turbobenziner, ausnahmslos über alle vier Rädern angetrieben wird.
Um seine bei der Testfahrt nur auf normaler Landstraße, nicht der James-Bond-Piste ausprobierten 367 PS sicher auf den Asphalt zu bringen, hat Audi den S5 noch einmal dem sportlichen Auftritt entsprechend aufgerüstet, etwa mit dem Sportdifferenzial an der Hinterachse, das beispielsweise die Drehmomente bei schnellen Kurvenfahrten optimal auf die Räder verteilt.
Auch gibt es selbstverständlich am Lenkrad Wippen zum manuellen Schalten und am Automatikschalter zusätzlich zur Position D den Sportmodus S. Damit fährt der Wagen bei Beschleunigen die Gänge voll aus, schaltet also später, dann aber blitzschnell hoch.
Doch selbst wer für so viel Sportlichkeit keinen Blick und kein Gefühl hat, wird jederzeit wissen, dass er nicht in einem A5, sondern einem S5 sitzt. Man muss dafür nicht mal den Schalter auf S wechseln: Man hört es auch so.
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