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© dpa-Zentralbild

100 Jahre epd: Das Wahre als Ware

Aus dem Dom, aber nicht pro domo. Der Evangelische Pressedienst wird 100. Eine Würdigung von "Chrismon"-Chefredakteur Arnd Brummer.

Nachrichtenmacher betreiben ein aufwendiges Geschäft. Sie gehen Hinweisen nach, sammeln Informationen, recherchieren Hintergründe, fragen Beteiligte, lassen Kritiker zu Wort kommen und bauen all dies zu Beiträgen und Meldungen zusammen, die sie ihrer zahlenden Kundschaft liefern. Die Kunden sind Zeitungen wie der Tagesspiegel, Fernseh- und Radioredaktionen. Die Nachricht als Ware im Zeitalter des globale Netzes? Ist das denn noch zeitgemäß zwischen Twitter und Infotainment? Warum für etwas zahlen, womit man weltweit überschwemmt wird?

Die Frage ist gut. Die Antwort auch: Sie heißt Evangelischer Pressedienst (epd) und wird am Mittwoch 100 Jahre alt. Diese Nachrichtenagentur liefert seit ihrer Existenz das Wahre als Ware, nachprüfbare Qualität. Der epd ist verlässlich. Da Protestanten seit ihrem Reformator Martin Luther wissen, dass die Kirche „ein weltlich Ding“ ist, sehen das auch die epd-Redakteurinnen und -Reporter nicht anders. „Ein weltlich Ding“ ist menschlich: Es irrt, macht Fehler und versagt, es macht Freude, tut Gutes und liefert optimale Resultate.

Manchmal ist es aber schwierig, das eine vom anderen zu unterscheiden. Dafür braucht man Expertinnen und Kenner, Leute, die wissen, welcher Theo in „Theologie“ steckt, Reformation nicht für eine Margarine halten oder Ethik von Esoterik unterscheiden können. Nur wer das draufhat, kann die Qualität oder die Mängel kirchlicher Arbeit, bischöflicher Worte und synodaler Entscheidungen kritisch überprüfen und sichtbar machen. Man muss als epd-Kollege am Thema Kirche und Religion so nahe dran sein wie Sportredakteure am Geschehen auf den Fußballplätzen, Schanzen und Rennbahnen. Und dennoch muss man – bei aller Nähe und Sympathie – journalistisch unabhängig bleiben, sonst verliert das Wahre seinen Wert als Ware. Leserinnen und Hörer, zuvor die beim epd (oder der katholischen Nachbarin kna) einkaufenden Redaktionen, müssen sicher sein können, das aus dem Dom, aber nicht pro domo berichtet wird.

Es ist für die leitenden Geistlichen, aber auch für benachbarte Medienmacher in der Kirche nicht immer ganz leicht auszuhalten, dass der epd zur Familie gehört, sich aber nicht gemein macht. Andererseits ist man aber durchaus stolz darauf, dass die epd-Nachrichten nie gemein sind. Wenn die Agentur zum Beispiel meldet, dass ein Generalsekretär des Weltkirchenrates sich einen zweifelhaften Doktortitel besorgt hat, können alle davon ausgehen, dass der epd das sorgfältigst recherchiert hat. Und das erfüllt dann – ein gut protestantisches Paradox – selbst jene mit Genugtuung, die sich über die Scherereien ärgern, die ihnen aus dieser Veröffentlichung erwuchs.

Und weil der epd im eigenen Haus so genau hinguckt, ist er eben auch glaubwürdig, wenn er das anderswo tut, etwa in den öffentlich-rechtlichen Funkanstalten. Vielleicht erinnert sich der eine oder die andere noch an den „Marienhof“-Skandal der ARD, in dem der epd-Medienredakteur Volker Lilienthal die Schleichwerbungspraxis aufdeckte.

Dass auch zum Jubiläum der ältesten bestehenden deutschen Nachrichtenagentur keine Selbstzufriedenheit einzieht, dafür sorgt Chefredakteur Thomas Schiller. Als guter Protestant interessiert ihn das Gutgemachte von gestern weniger als das, was man heute oder morgen besser machen kann. Immerhin wird er sich an diesem Mittwochabend beim Festakt in Berlin, zu dem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel(CDU) erwartet wird, vielleicht doch ein klitzekleines Stück Freude an den anerkennenden Worten aus Staat, Kirche, vor allem aber der Branchenkollegen gönnen. Es sei ihm und seiner hochprofessionellen Redaktion in Frankfurt und an den Korrespondentenplätzen von Herzen gegönnt.

Der Autor ist Chefredakteur des evangelischen Monatsmagazins „Chrismon“.

Arnd Brummer

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