Meinung: Alle reden vom Wetter
Aber ohne Markt, Arbeit und Wachstum hat auch der Klimaschutz keine Chance
Stand:
Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Peter Struck, und EU-Kommissar Günter Verheugen warnen vor Klimahysterie. Ist das dumm, oder ist es mutig – wo doch unwidersprochen der Klimawandel zu den größten politischen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte gehört?
Es ist mutig. Denn die Umweltdebatte hat im Augenblick so viele Befürworter, dass es guttut, daran erinnert zu werden, dass es ein paar Dinge gibt, die Politik und Gesellschaft zuletzt auch wichtig fanden und die nun atemberaubend schnell von der Prioritätenliste verdrängt werden.
Zum Beispiel die Arbeitslosigkeit. Sind Jobs jetzt nicht mehr so wichtig? Fast hat man den Eindruck, als sei es einigen Klimadebattenrednern ganz recht, wenn die heute Arbeitslosen auch morgen noch zu Hause säßen – wer nichts verdient, verreist auch nicht und leistet so einen positiven Beitrag zum Klimaschutz. Ist Wirtschaftswachstum nicht mehr gut, das neue Jobs schafft und den Menschen die selbstbewusste Teilnahme am Wohlstand – und seinen Optionen – ermöglicht?
Politisch korrekt ist es zurzeit, auf die Gefahren des Wachstums hinzuweisen und darauf, wie schön es wäre, wenn sich die Industrieländer diesbezüglich bescheiden würden. Statt aber neue Sozialtransfers für die Verlierer in Aussicht zu stellen, wäre es richtig, auf mehr Wachstum zu setzen. Denn ein Verzicht auf Wachstum trifft am wenigsten die, die heute dicke Autos bestellen, aufwendige Flugreisen unternehmen und ohne Probleme einen klimaschonenden Kühlschrank kaufen können. Weniger Wachstum würde jene Menschen stärker belasten, die schon heute die wenigsten Chancen haben. Wer aus ökologischen Gründen am Wirtschaftswachstum herummäkelt, stellt eine der zentralen Bedingungen für einen erfolgreichen und gerechten Strukturwandel zur Disposition.
Dasselbe gilt für ein Umlenken von milliardenschweren Investitionssummen, das verlangt wird. Wer soll diese Summen denn umlenken, wo soll investiert werden, wo nicht, und wer weiß, wo das Geld im Interesse des Klimas am besten aufgehoben ist? Das berechtigte Misstrauen gegen Webfehler der Marktwirtschaft scheint vielen Grund genug zu sein, dem Staatsinterventionismus wieder seine guten Seiten abzugewinnen.
Nichts gegen den Handel mit Emissionsrechten – das scheint der vernünftigste Weg zu sein, das Marktversagen beim Umweltschutz zu heilen. Aber ist es nötig, die ganz große Umverteilungsmaschine anzuwerfen, Glühbirnen zu verfemen, Autohersteller zu verprügeln, die Freiheit einzuschränken? Wissen Angela Merkel und Sigmar Gabriel, Umweltbehörden und Ökoaktivisten tatsächlich besser als der Markt, wo erfolgreiche Zukunftstechnologie entsteht, was förderwürdige Projekte sind und wo Scharlatane und Trittbrettfahrer am Werk sind? Es ist schon erstaunlich, wie viel Übersicht der Politik plötzlich zugetraut wird – nachdem sie (wie die Wirtschaft) in den vergangenen Jahren selig geschlummert hat.
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