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Ingrid Müller

© Kai-Uwe Heinrich

Auf den Punkt: Angsthasen ahoi

Ingrid Müller über das gefährliche WM-Land Südafrika

Sie sind gern die Helden der Nation, lassen sich feiern von den Fanmassen - und würden sich in Südafrika allzu gern wieder von einer Woge der Begeisterung tragen lassen. Können sie doch, sollen sie doch. Wenn die deutschen Fußballer klasse spielen, sollten ihnen auch die Sympathien am Kap zufliegen. Und feiern können die Afrikaner, da können sich sogar Sommermärchen-verwöhnte Deutsche noch allerhand abgucken.

Doch was hören wir von unseren Helden? Mal eben ein Auto zu nehmen und einen Ausflug zu machen, das werde in Südafrika im Sommer nicht drin sein, lässt Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff wissen. Keine Shoppingtour, keine individuelle Bootstour, kein Abendessen außerhalb des Camps – das gibt er als Parole aus. Und, ach je, um fünf werde es schon dunkel. Da könne nun wirklich keiner mehr alleine raus.

Sicher, nach dem tragischen Überfall beim Afrika-Cup auf die Mannschaft von Togo sind manche Nerven angestrengt. Aber Cabinda in Angola ist nicht Südafrika. Auch, wenn es dort hohe Kriminalitätsraten gibt.

Also: Welche Angsthasen schickt Deutschland denn da los?

Oder: Welcher Popanz wird da unnötig aufgebaut?

Natürlich muss man in Südafrika ein paar Verhaltensregeln einhalten, um sich nicht unnötig in Gefahr zu bringen. Aber: Das muss jeder Tourist. So viele Menschen fahren jeden Tag mit einem Mietwagen durch das Weingebiet, die Drakensberge, auch nach Pretoria. Das sollen Fußballer, die eine schlagfertige Viererreihe zur Verteidigung aufbauen wollen, nicht auf die Reihe bringen können? Sicher ist es ratsam, nicht allein zu Fuß im Dunkeln in einsamen Ecken oder gar einem Township unterwegs zu sein. Nur: Welcher Idiot würde so etwas tun? Außerdem bewegen sich die Herren Kicker doch ohnehin meist in einem Auto von A nach B – noch dazu selten in einem ganz kleinen Wagen. Das allein bietet schon eine gewisse passive Sicherheit. Shoppen nach fünf Uhr dürfte übrigens ohnehin schwer fallen, viele Geschäfte machen um die Zeit auch im Sommer schon zu.

Familientreffen außerhalb des Mannschaftsquartiers zum Abendessen findet Bierhoff schwierig. Im Ernst: Sollen wir glauben, dass unsere Millionenverdiener mit ihren Familien in irgendwelchen ominösen Kaschemmen essen gehen würden? Wann wurde zuletzt einer der Jungstars samt Gattin und Kindern mal in einem schummrigen Außenbezirk gesehen? Vermutlich nicht mal im ach so sicheren Deutschland. Wenn all die Bierhoff-Vorgaben Sicherheit suggerieren sollen, na danke.

Ein bisschen Menschenverstand und ein bisschen gemeinsame Umsicht sollten reichen, um über die Runden zu kommen. Ohne die geht es nicht, aber Übertreibungen schaffen nur Ängste. Sicherheitsleute gibt es für die Mannschaft doch ohnehin. Da ist Bierhoff wohl um einiges über die Ziellinie hinausgeschossen (nur, weil die zu einer anderen Sportart gehört?) Oder will er bloß die Mannschaft in Sichtweite halten? Die Jungs wollen doch, dass ihre Fans zu den Spielen kommen. Sie haben kein umzäuntes und bewachtes Quartier. Die Fans werden aber wohl auch was vom Land sehen wollen, wenn sie schon so weit anreisen.

Aber Angsthasen?

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