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© via REUTERS/Joe Pugliese/Apple Inc.

Neue Computerbrille von Apple: Die Welt steht vor der nächsten digitalen Entwicklungsstufe

Erstmals seit zehn Jahren hat Apple ein neues Produkt vorgestellt. Die Brille Vision Pro schafft eine neue Symbiose aus Mensch und Maschine. Falsch wäre es, derartige Entwicklungen zu ignorieren.

Ein Kommentar von Christian Tretbar

Teuer, etwas schwer, klobig und noch dazu mit einem lästigen Kabel zum Akku ausgestattet. Das soll also die Zukunft sein? Die von Apple und die von uns allen? Natürlich könnte man es sich leicht machen und milde darüber lächeln, was das jetzt wieder soll. Nur würde man vermutlich von der Wirklichkeit in ein paar Jahren bestraft.

Denn das, was Apple auf seiner Entwicklerkonferenz vorgestellt hat, ist sicher noch nicht perfekt. Es ist vielleicht noch nicht einmal ganz klar, in welchen Gebieten es wirklich sinnvoll zum Einsatz kommen kann. Aber das erste iPhone war von heute aus betrachtet auch nicht perfekt. Das erste iPad auch nicht. Aber Apple hat mit der Computerbrille Vision Pro mal wieder einen Moment kreiert, auf den man in ein paar Jahren vielleicht zurückblicken wird. Müde lächelnd, wie komisch die Brille da noch aussah – und wie limitiert sie war. Aber sie wird plötzlich da gewesen sein.

Was aber kann die Brille überhaupt? Sie lässt vor allem auf gekonnte Art und Weise Realität und Virtualität miteinander verschmelzen. Die reale Umgebung sieht durch die Brille, so berichten es die, die es schon testen konnten, täuschend echt aus. In diese Umgebung werden Bildschirme, Apps, Fotos, Videos und Anwendungen projiziert. Und das in einer Qualität, wie sie offenkundig kaum auf bisher vorhandenen Geräten erzeugt werden.

Apple-Chef Tim Cook bei der Präsentation der neuen Computerbrille.
Apple-Chef Tim Cook bei der Präsentation der neuen Computerbrille.

© AFP/JOSH EDELSON

Bilder und Videos erscheinen wie Gemälde vor einem. So manchem TV-Hersteller dürfte bei der Präsentation in Cupertino etwas mulmig geworden sein. Denn ob es die lästigen schwarzen Kisten an der Wand bald noch braucht, ist fraglich.

Auch im Arbeitsbereich kann die Brille neue Möglichkeiten schöpfen. Intuitiv lassen sich mehrere Anwendungen und Bildschirme parallel nutzen. Auch der Gamingbereich dürfte durch diese Brille wieder neue Möglichkeiten und neue Herausforderungen erfahren.

Allein, was diese Art der digitalen Nutzung kognitiv mit uns Menschen machen wird, könnte Gegenstand etlicher Untersuchungen sein.

Apples Geheimnis ist die Nutzerfreundlichkeit

Nun sind VR-Brillen nicht neu. Und sicher gibt es technisch betrachtet einige, die vielleicht sogar besser sind. Aber Apple hat es stets verstanden, technische Innovationen marktfähig, massentauglich und schick zu machen. Ihr Geheimnis ist die Nutzerfreundlichkeit.

Dass man die Augen des Gegenübers sieht, auch wenn er eine Brille aufhat, ist technisch betrachtet vielleicht kein Riesensprung, in der Wirkung und dem Nutzererlebnis ist es das. Es sind am Ende die Kleinigkeiten, die darüber entscheiden, ob ein Produkt am Markt akzeptiert wird.

Die neue Brille Apple Vision Pro verbindet
Die neue Brille Apple Vision Pro verbindet

© dpa/Christoph Dernbach

Natürlich spricht der Preis von 3500 Dollar, die man ab kommenden Jahr für das Gerät zunächst zahlen muss, nicht dafür, dass sich die Massen darauf stürzen. Aber: Für diesen Preis werden Fahrräder, Fernseher, MacBooks gekauft - warum nicht auch eine Brille?

Eines aber wird in diesen Tagen deutlich. Unsere Welt steht vor der nächsten digitalen Entwicklungsstufe. Auf der einen Seite kommen neue innovative Produkte, die ja selbst wieder eine ganze Reihe innovativer Anwendungsmöglichkeiten nach sich ziehen werden.

Die Branchen unterschiedlichster Art werden vor neue Herausforderungen gestellt, ihre Produkte anzupassen. Und auf der anderen Seite die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz, die gefeiert und gefürchtet zugleich ist. Sie wird ebenfalls zu Disruptionen führen; sie ruft die Politik auf den Plan, eine Balance zwischen Regulation und Innovationsförderung zu finden.

An dieser digitalen Wegmarke werden Mensch und Maschine, Hirn und Software, Körper und Hardware wieder neue Symbiosen eingehen. Das mag sich gruselig anhören. Aber nur dann, wenn man es einfach geschehen lässt. Der Mensch ist in der Lage, diese Entwicklung selbst zu gestalten, Rahmen zu setzen, nutzbar für sich zu machen. Völlig falsch wäre es, einfach so zu tun, als könne man Entwicklungen ignorieren.

Die Evolution des Menschen war stets mit technischen Entwicklungen verbunden. Es ist eben auch eine menschliche Gabe, das eigene Fortkommen, die eigene Entwicklung durch technische Innovationen zu ermöglichen. Das bringt nicht immer nur Vorteile. Aber der Mensch ist geistig und kulturell fähig, die entstandenen Nachteile auch wieder aufzufangen. So viel Optimismus dürfen wir uns ruhig gönnen.

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