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© dpa

PORTRÄT JÜRGEN ROTERS OBERBÜRGERMEISTER VON KÖLN:: „Auch an den tollen Tagen handlungsfähig“

Über dem Einsturz einer U-Bahn-Baustelle mitsamt des Stadtarchivs ist der vorige OB Fritz Schramma (CDU) ob seines miserablen Auftretens gestürzt, doch der Skandal um Schlamperei am Bau nimnmt nun auch dessen Nachfolger Jürgen Roters (SPD) fest in den Griff.

Ob CDU oder SPD, ob Schramma oder Roters, macht in Köln ohnehin keinen großen Unterschied, weil beide Parteien einander im berüchtigten Kölschen Klüngel innigst verbunden sind. Roters, zuvor Polizei- und danach Regierungspräsident, muss sich mit dem unglaublichen Umstand befassen, dass bis zu 80 Prozent der Bewehrungsstahlbügel nicht in die zukünftigen U-Bahn-Stationen eingebaut, sondern schwarz verhökert worden sind. Noch unglaublicher ist, dass die Chose erst jetzt, knapp ein Jahr nach dem Einsturz vom 3. März 2009, ans Licht gekommen ist. Oben feiern die Jecken Straßenkarneval, unten in der Grube tagt der Krisenrat: was für ein Bild für Karnevalisten.

Nur ist es gar nicht lustig. Schon dass der „Zooch“, der kilometerlange Rosenmontagszug, an der Unglücksstelle entlangführt, weil die ihrer Lage nach auf die Römerzeit zurückgehende Severinstraße traditionsgemäß zur Route zählt, mag Nicht-Kölnern frivol erscheinen. Mittlerweile dämmert es selbst den Eingeborenen, dass da etwas sehr, sehr schief gelaufen ist und immer weiter läuft. Zur bereits erwogenen „Evakuierung“ der Innenstadt entlang der fatalen U-Bahn-Großbaustelle ist es zwar nicht gekommen, und die Experten geben Entwarnung –, aber haben Experten nicht auch die bisherige Malaise stets durchgewunken?

Volljurist Roters – vor genau 60 Jahren im westfälischen Coesfeld geboren, das von Köln ungefähr so weit entfernt ist wie der Mond – muss über die tollen Tage hinweg einen kühlen Kopf bewahren, um der Schlamperei Herr zu werden, die tief im Kölner Milieu wurzelt. Die Rhein-Metropole vergleicht sich gern in Sachen Lebensfreude mit Italien. Doch derzeit scheint die Verwandtschaft eher zu neapolitanischen Zuständen zu bestehen. Und bis Aschermittwoch hat Oberjeck Roters brauchtumsgemäß das Stadtregiment abgegeben. Im Stillen wird er hoffen, dass es keinen bösen Kater gibt.

Immerhin führte seinerzeit der Kölner Regierungspräsident Roters die Rechtsaufsicht. Die Baugenehmigung erhielt der damalige OB Schramma im Jahr 2002 – aus den Händen von Roters. Manchmal holt einen die Vergangenheit eben ein. Bernhard Schulz

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