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Meinung: CDU-Spitze: Triumvirat der Schwachen

Wenn zwei sich streiten, sagt das Sprichwort, freut sich der Dritte. Aber was, wenn der auch keinen Grund zur Freude hat?

Von Robert Birnbaum

Wenn zwei sich streiten, sagt das Sprichwort, freut sich der Dritte. Aber was, wenn der auch keinen Grund zur Freude hat? Seit Tagen demontiert sich die CDU-Doppelspitze selbst. Der, der davon profitieren könnte, schweigt. Edmund Stoiber demontiert sich nämlich auch gerade selbst. Erst blamables Krisenmanagement in Sachen BSE, dann kommt ihm der als Retter ausersehene Verbraucherminister-Kandidat wegen alter Affären abhanden. Ein Kanzlerkandidat? Die Frage stellt sich gerade wirklich nicht in diesem Dreigestirn.

Vordergründig hat der CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sich ein knalliges Plakat ausgedacht, die CDU-Chefin Angela Merkel hat sich dabei nichts gedacht, der Knall ging nach hinten los, und der Fraktionschef Friedrich Merz hat die Gelegenheit beim Schopf ergriffen, ein paar alte Rechnungen mit seiner Vorsitzenden zu begleichen. Fehler können passieren, die Korrektur kam wenigstens prompt. Jetzt geloben alle Beteiligten mit zerknirschten Mienen Besserung.

Doch die Plakat-Affäre ist nur der Anlass, der latente Konflikte hat zum Ausbruch kommen lassen. Da ist zum einen das Verhältnis oder besser: das Nicht-Verhältnis von Merkel und Merz. Müßig zu streiten, wer von beiden den größeren Anteil an dem Zwist hat. Müßig zu erörtern, ob beider Misstrauen berechtigt ist oder nicht. Entscheidend ist das Ergebnis: Die können nicht miteinander. Das Problem ist nur: Im Ernst können die auch nicht gegeneinander. Weder hat Merz die Statur, den Parteivorsitz an sich zu reißen, noch würde sich die Fraktion eine Chefin Merkel aufdrängen lassen. Ein gemeinsamer Feind, der beide zusammenschweißen könnte, ist nicht in Sicht; ein Abkommen auf Gegenseitigkeit auch nicht, weil keiner dem anderen eine attraktive Zukunft anzubieten hat. Die Doppelspitze bleibt, und mit ihr der Konflikt.

Noch folgenschwerer ist der Vorgang für Merkel. Die CDU-Chefin steht ziemlich allein auf weiter Flur. Niemand ist ihr beigesprungen, nicht mal die paar engeren Weggefährten; bestenfalls haben sie betreten geschwiegen. Nun hat Merkel noch nie dazu geneigt, ihre Position durch Freund- und Seilschaften abzusichern. Aber das Motto des Wilhelm Tell: "Der Starke ist am mächtigsten allein" gilt eben nur für den Starken.

Merkel indes hat Schwäche gezeigt. Sie hat ebenso wie Meyer die Empfindlichkeiten der eigenen Partei falsch eingeschätzt. Diese sind nicht nur, aber auch eine Spätfolge der Spendenaffäre. An der Basis ist das Gefühl verbreitet, die CDU müsse ihre Reputierlichkeit erst noch zurückgewinnen. Als noch fataler dürfte sich erweisen, dass das "Verbrecherplakat" symbolisch die falsche Botschaft vermittelte, eine Attitüde ohnmächtigen Zorns statt eines "Wir könnten das besser." Es verriet einen Mangel an Zutrauen in die eigene Position, der bei anderen Themen seine Berechtigung hat - ausgerechnet beim Thema Rente hat er es aber nicht. Um so schlimmer, dass Meyer, von Merkel sekundiert, selbst hier den Säbel für nötig hielt statt des Floretts.

Der Schatzmeister Ulrich Cartellieri hat gewarnt, in seinen Banker-Kreisen halte man die Union nicht für regierungsfähig. Das gilt nicht nur für Banker. Man könnte auch einen CDU-Oberen bitten, in einem prägnanten Satz darzulegen, warum Merkel in zwei Jahren unbedingt Kanzlerin werden müsse. Oder Merz Kanzler. Oder Stoiber - nach seinem blamablen Krisenmanagement in Bayern. Herauskommen wird, was die Union der Regierung vorwirft, sich nun aber gegen sie selbst richtet: "Die können das nicht." Die zentrale Botschaft der Plakat-Affäre also lautet: "Die können es auch nicht." Das Plakat wird bald vergessen sein. Diese Botschaft nicht so schnell.

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