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Kevin McCarthy und Donald Trump: Die destruktive Strategie schlägt auf ihre Urheber zurück.

© Foto: dpa/Richard Graulich

Debakel der Republikaner im US-Kongress: Lust an der Selbstzerstörung

Radikale Konservative verstehen unter Macht nur noch Verhinderungsmacht. Das hat fatale Konsequenzen für die Erfolgschancen der eigenen Partei.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Die Zerstörungslust ist atemberaubend, zumal sie auf Selbstbeschädigung hinausläuft. Und das angeblich im Namen der Demokratie. Dass die US-Republikaner, die sich stolz die „Grand Old Party“ nannten, alles daran setzen, der Demokratischen Partei Schaden zuzufügen, auch unter Missachtung parlamentarischer Gepflogenheiten, haben sie in den vergangenen Jahren oft bewiesen.

Aber nun sabotieren sie ihre eigene Partei. Nach vier Jahren Opposition stellen die Republikaner wieder die Mehrheit im Abgeordnetenhaus. Sie wollen den Bürgern mit Blick auf die Wahl 2024 beweisen, dass man ihnen die Regierung anvertrauen kann. Im Kern geht das nur mit Geschlossenheit und der Bereitschaft zu Kompromissen, zumindest innerparteilich.

Eine kleine Gruppe republikanischer Abgeordneter verhindert jedoch, dass der amerikanische Kongress in seiner konstituierenden Sitzung einen Parlamentspräsidenten wählt. Das hat es seit einem Jahrhundert nicht gegeben. Erst verweigern 19 ihrem Mehrheitsführer Kevin McCarthy die Stimme. Dann 20. Sie nennen diese Blockade radikaldemokratisch, obwohl er sein Amt einem demokratischen Votum verdankt.

Eine Minderheit versucht die Mehrheit zu erpressen

Nur was, bitte, ist demokratisch daran, wenn eine radikale Minderheit, die weniger als zehn Prozent ihrer Fraktion stellt, der überragenden Mehrheit ihren Willen aufzwingen möchte? Die Abweichler können nicht einmal klar benennen, welche Ziele sie mit ihrer Obstruktion erreichen wollen.

Sie sonnen sich wie Erpresser in ihrer situationsbedingten Macht. Ihr wahres Ziel ist die Diktatur der Minderheit.

Selbst wenn McCarthy in einem der nun folgenden Wahlgänge sein Ziel doch noch erreicht, ist er irreparabel beschädigt. Die Wahlverlierer vom November, die Demokraten, brachten als Minderheitsfraktion in jedem Wahlgang mehr Stimmen für den eigenen Kandidaten auf als die Mehrheitsfraktion für ihren.

Welche Schmach für die Republikaner! Wer mag noch darauf vertrauen, dass McCarthy die Parlamentsmehrheit, die seine Fraktion auf dem Papier hat, auf die politische Waage bringt, wenn es darauf ankommt?

Die Alternative: Er macht den Weg für eine andere Person frei. Das kann den Schaden mindern, ihn aber nicht rückgängig machen.

Denn dies ist nun offensichtlich: Ein beträchtlicher Teil der Republikaner versteht unter Macht nicht die Macht, den Alltag der Bürger konstruktiv zu verbessern. Sondern die Macht zur Destruktion.

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