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Debatte um Abtreibung und Kostenübernahme: Liebe SPD, dieses Thema ist zu ernst für Tricksereien
In Sachen Abtreibung schickt sich die SPD an, es so zu versuchen wie beim Mindestlohn: Sie will etwas im Koalitionsvertrag vereinbart haben, was da so nicht steht. Das ist die ganz falsche Taktik.

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Der Streit um die Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf ist das eine, er wird die parlamentarische Sommerpause noch ein Weilchen füllen. Durch diesen Streit aber ist plötzlich ein inhaltliches Thema auf dem schwarz-roten Themenzettel nach oben gerückt. Und zwar die Frage, was man eigentlich in Sachen Schwangerschaftsabbruch vereinbart hat.
Es ist eins der Themen, bei denen weite Teile der SPD aus tiefem Herzen unglücklich sind mit dem, was man dem Koalitionspartner hat abringen können. Oder besser gesagt: was man nicht hat abringen können. Denn bei der Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, der Abschaffung des Paragrafen 218, ist das Nein der Union hart.
Es ist an allen Seiten, mit dem Thema verantwortungsvoll umzugehen. Steile Spins passen da so gar nicht.
Die SPD sucht nun den Umweg, und das mit allen Mitteln. Eine Argumentationslinie bildet sich immer klarer heraus: Man habe fest vereinbart, dass in Zukunft die Krankenkassen für Schwangerschaftsabbrüche zahlen. Das aber gehe nun einmal nur, wenn der Eingriff nicht mehr wie jetzt rechtswidrig, aber straffrei sei. Sondern nur, wenn er legalisiert werde. Et voilà.
Kann dieser Umweg zum Ziel führen? Im Koalitionsvertrag steht, man wolle die Kostenübernahme über die heutigen Regelungen hinaus „erweitern“. Das aber kann alles Mögliche heißen, denn schon heute können sich Bedürftige die Kosten erstatten lassen. Diese Regeln ließen sich großzügiger gestalten, ohne dass der Eingriff zur Kassenleistung für alle wird.
Die Kommunikationstaktik der SPD erinnert an die Debatte um den Mindestlohn. Da sagten die Sozialdemokraten wieder und wieder, im Koalitionsvertrag seien 15 Euro Mindestlohn vereinbart. Das wurde durch die ständige Wiederholung nicht richtiger, im Vertrag steht nämlich nur geschrieben, 15 Euro seien „erreichbar“.
Es wäre ein grober Fehler der SPD, diese Kommunikationstaktik auf das Thema Abtreibung zu übertragen. Wie viel gesellschaftliches Konfliktpotenzial hier besteht, haben die vergangenen Wochen eindrücklich gezeigt. Es ist an allen Seiten, mit dem Thema verantwortungsvoll umzugehen. Steile Spins passen da so gar nicht.
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