zum Hauptinhalt

Euro-Krise: Deine Pleite – meine Pleite

Noch wird suggeriert, die Griechen könnten sich aus eigener Kraft aus ihrer Überschuldung heraussparen. Doch selbst wenn das - unter großen Opfern - möglich wäre, würde dies das Land in eine tiefe Rezession stürzen. Und in der Folge wären auch andere wirtschaftsschwache Eurostaaten nicht mehr sicher.

Griechenland, der schwächste Staat der Eurozone, steht kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Hedgefondsmanager kassieren Milliardengewinne, indem sie diese Furcht durch eigentlich längst geächtete Kreditausfallwetten im großen Stil anheizen. Schon hoffen die Eurogegner der angelsächsischen Finanzwirtschaft auf den Zerfall der Gemeinschaftswährung, obwohl diese gerade in der Bankenkrise große Vorteile brachte. Und was tun die Finanzminister der Eurostaaten und ihre EU-Kommissare? Sie üben sich im Verdrängen und der Verkündung haltloser Lösungsvorschläge.

Da verspricht Währungskommissar Almunia, seine Behörde werde Athens Haushaltsgebaren künftig eisern überwachen, ohne zu erklären, warum genau das in den letzten neun Jahren nicht funktioniert hat. Da erklärt Deutschlands Finanzminister Schäuble, die Griechen seien ganz allein zuständig, gerade so, als ob die Pleite eines Eurostaates die übrigen nicht treffen würde. Und in seiner Not verspricht Ministerpräsident Papandreou, seine Regierung werde das auf zwölf Prozent der Wirtschaftsleistung angeschwollene jährliche Budgetdefizit mal eben um drei Viertel vermindern.

All das soll suggerieren, die Griechen könnten sich aus eigener Kraft aus ihrer Überschuldung heraussparen. Doch das ist ökonomischer Unfug. Denn selbst wenn es möglich wäre, unter großen Opfern bis 2012 Staatsausgaben im Umfang von neun Prozent der Wirtschaftsleistung einzusparen, würde dies das Land in eine so tiefe Rezession stürzen, dass mindestens die Hälfte davon durch die ausfallenden Steuereinnahmen schon wieder verloren wäre. Gleichzeitig würden die Zinslasten für die dann noch riskanteren griechischen Anleihen alsbald unbezahlbar und der Staatsbankrott wäre am Ende doch nicht zu vermeiden.

Käme es aber dazu, wären auch andere wirtschaftsschwache Eurostaaten wie Portugal, Irland und sogar Spanien nicht mehr sicher. Die ungezügelte Spekulation könnte auch ihre Zinslasten so in die Höhe treiben, dass sie darunter zusammenbrechen und somit der Euroverbund wieder auseinanderfällt. Darum ist längst klar, dass die Eurostaaten Griechenland genauso beistehen müssen, wie es die US-Regierung mit der Pleiteregierung in Kalifornien hält. Der mögliche Schaden infolge einer Verweigerung wäre viel größer als die Kosten eines gemeinschaftlich gewährten Überbrückungskredits, der das Land von den spekulativ überhöhten Zinsen befreit.

Eine solche Gemeinschaftsanleihe, die über die EU-Investitionsbank schnell zu organisieren ist, wäre jedoch nur der Anfang. Anschließend müssten die Euro-Regierungen sich endlich der Frage stellen, wie die extremen Ungleichgewichte zwischen ihren Staaten abzubauen sind. Gewiss, die Griechen und nicht nur sie haben „über ihre Verhältnisse“ gelebt, wie es Minister Schäuble beschrieb. Und ganz sicher muss die Regierung in Athen Abschied nehmen von ihrem Niedrigsteuerregime und dem aufgeblähten öffentlichen Dienst.

Aber gleichzeitig müssen die Defizitländer auch die Chance bekommen, die zur Sanierung nötigen Erträge zu erwirtschaften. Das ist jedoch unmöglich, solange die Deutschen fortwährend „unter ihren Verhältnissen“ leben, indem sie die steigende Produktivität nicht in Lohnsteigerungen umsetzen, sondern nur dazu nutzen, immer billiger zu exportieren. So fahren sie Exportüberschüsse ein, die bei den Handelspartnern zwangsläufig ein Defizit erzeugen. Und im Euroverbund sind diese auch nicht durch Abwertung der eigenen Währung auszugleichen. Würden aber alle anderen dem deutschen Lohndumping folgen, wäre die Entwicklung der ganzen Eurozone auf den Export in Drittländer angewiesen. Eben darauf setzen auch Japan, China und neuerdings sogar das Krisenland USA. Das kann nicht funktionieren.

So endet jetzt der jahrelang geübte Selbstbetrug der Euro-Regenten, sie könnten eine Währungszone ohne wirtschaftliche Koordinierung und Finanzausgleich betreiben. Die gemeinsame Wirtschaftsregierung wird kommen, ganz gleich unter welchem Namen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false