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Leichtes Spiel. Kanzlerin Merkel muss gar nicht viel tun, Martin Schulz dagegen steht vor einer schier unlösbaren Aufgabe.

© Gregor Fischer/dpa

Wählerumfrage: Der Merkel-Zug dampft davon

Trump, May und Co. machen es Merkel leicht, als Garantin praktischer Vernunft aufzutreten. Dagegen kann Martin Schulz kaum etwas ausrichten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Robert Birnbaum

So weit ist es also schon, dass der CDU-Generalsekretär die eigenen Truppen vor Siegestrunkenheit warnen muss. Ein halbes Jahr nach der Schulz-Delle sind Angela Merkel und ihre Partei in den Umfragen wieder da angekommen, wo sie vor der Nominierung des SPD-Kanzlerkandidaten standen – weit voraus.

Richtig erstaunen kann das allerdings nur Menschen, die auch sonst an den Weihnachtsmann glauben. Sicher, Merkel hat in mancher Hinsicht schlicht Glück. Die drei Landtagswahlen hätten mit kleinen Prozentverschiebungen anders enden können. Und die Donald Trumps, Theresa Mays und andere irrlichtern in einer Weise über die Weltbühne, dass sie die deutsche Dauer-Kanzlerin ganz von selbst als Garantin praktischer Vernunft erscheinen lassen. Da reichen ihr dann ein paar Bierzeltsätze, um sich an die Spitze des bundesweiten Widerstands zu setzen.

Aber Merkel hat auch selber einiges richtig gemacht. Sie hat zum Beispiel die Sankt- Martin-Festspiele zu Jahresbeginn korrekt gedeutet. Der Schulz-Effekt hatte nichts mit Martin Schulz aus Würselen zu tun, sondern verdankte sich einem doppelten Aufatmen. Die SPD atmete auf, weil sie einem Kandidaten zujubeln konnte, dem noch nicht das großkoalitionäre Grau der Hoffnungslosigkeit in den Kleidern hing. Anhänger von Grünen und Linken atmeten auf, weil sie abends beim Bier im Freundeskreis nicht mehr drucksend bekennen mussten, dass in verrückten Zeiten ja doch nur Merkel wählbar sei.

Schulz hat Fehler gemacht, ist letztlich aber Opfer der Verhältnisse

Die Erleichterung ist fast so schnell verpufft wie sie aufkam. Schulz hat mit groben handwerklichen Fehlern dazu beigetragen. Er hat sich erst zu groß machen lassen und verbeißt sich jetzt zu oft in Kleinliches. Aber im Kern ist auch er bloß ein Opfer der Verhältnisse. Die SPD als grundvernünftige Dauer-Mitregierungspartei taugt einfach nicht als Basis für Revolution. Ihr Kandidat kann programmatisch gar nicht so viel Aufbruch und Verheißung verbreiten, wie nötig wäre, um eine Wechselstimmung in Schwung zu bringen und vor allem zu halten.

Regierungschefs werden abgewählt, wenn die Leute sie leid sind, wenn sie in einer aufwühlenden Lage falsch reagieren oder wenn ihre Gegner sie überstrahlen. All das ist nicht der Fall. Angela Merkel kann die Wahl trotzdem verlieren. Sie müsste sich dafür allerdings nach Stand der Dinge ziemlich anstrengen.

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