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Durch den "Zukunftspakt Verwaltung" sollen die Aktenberge in Berlin endlich kleiner werden.

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Berliner Verwaltungsreform: Der Weg ist das Ziel

Senat und Bezirke machen einen neuen Anlauf für die Modernisierung des öffentlichen Dienstes. Geduld ist gefragt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ulrich Zawatka-Gerlach

Was hilft ein Stück Papier, wenn die Zulassung eines neuen Autos zum Abenteuer wird, wenn das Eheglück an einem Termin beim Standesamt scheitert – oder wenn die Leute vom Ordnungsamt angestrengt wegschauen, sobald auf den Straßen Berlins Unordnung herrscht? Es hilft dann, wenn der Senat und die Bezirke endlich damit beginnen, kluge Konzepte für die Verwaltungsreform auch umzusetzen.

Seit Gründung der Einheitsgemeinde Berlins vor 99 Jahren wurde die Berliner Verwaltung immer wieder umgekrempelt. Alle Reformen, seien sie geglückt oder missraten, hatten eines gemeinsam: Die Zweistufigkeit der Verwaltung mit den kommunal eigenständigen Bezirken und einem ministerial steuernden Senat wurde nur zwei Mal ernsthaft angetastet – unter den Nazis und in der Hauptstadt der DDR. Wer unter demokratischen Verhältnissen den öffentlichen Dienst Berlins modernisieren und näher an die Bürger heranbringen will, muss Senat und Bezirke in ein Boot setzen. Um gemeinsam zu rudern und zu steuern.

Der Zukunftspakt, der am Dienstag feierlich unterschrieben wurde, steht für diese Bereitschaft, gesamtstädtisch zu kooperieren

Der Zukunftspakt, der am Dienstag feierlich unterschrieben wurde, steht für diese Bereitschaft, gesamtstädtisch zu kooperieren. Es ist der Versuch, den Fliehkräften regionaler und parteipolitischer Interessen entgegenzuwirken. Sollte dies tatsächlich gelingen, wäre es ein Meilenstein auf dem Weg zu einer besseren Verwaltung. Für eine Reform, die Erfolg verspricht, sind die Umstände durchaus günstig. Noch gibt es personelle und finanzielle Ressourcen, um Aufbauarbeit zu leisten. Und die Einsicht ist da, dass es in Berlin so nicht weiter geht.

Monika Herrmann, Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, und Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin.
Monika Herrmann, Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, und Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin.

© Christoph Soeder/dpa

Die Stadt wächst explosiv, und mit ihr die Ansprüche der Bürger und der privaten Wirtschaft an ein funktionierendes Gemeinwesen. Das ist nur am Rand eine Imagefrage. Es geht um soziale Fürsorge und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, es geht um Sicherheit und Ordnung und letztlich auch darum, schusseligen Menschen kurz vor der Karibik-Kreuzfahrt schnell einen neuen Pass zu besorgen. Und zwar so digital wie möglich.

Nach einer längeren Phase verwirrter Flickschusterei, die den Übergang von einer harten Sparpolitik im öffentlichen Dienst zu den Herausforderungen der wachsenden Stadt kennzeichnete, keimt jetzt neue Hoffnung auf. 27 Reformprojekte wurden in einem mühsamen Diskurs herausgefiltert, von A wie attraktiver Arbeitgeber bis Z wie zukunftsfähige Ordnungsämter.

Für gute Reformen müssen Pragmatiker ran

Wann die Berliner merken dürfen, dass hier etwas Gutes in Gang gesetzt wurde, ist allerdings offen. Erst einmal muss die überalterte, technisch schwachbrüstige und schlecht organisierte Verwaltung von innen her gestärkt werden. Das gilt für sowohl für die Bezirke als auch den Senat. Erst wenn das gelingt, kann die Verwaltung ihre Rolle insgesamt besser erfüllen.

Den Berlinern sei deshalb geraten, weiter Geduld zu haben. Der Weg ist das Ziel. Die Berliner Verwaltung wird sich immer weiter verändern müssen. Gute Reformen sind nichts für Ideologen, da müssen Pragmatiker ran, die Frust ertragen. Mit großem Misstrauen sollte man denen begegnen, die jetzt den großen Wurf vermissen. Der Ruf nach Zentralisierung, also nach der Abschaffung der Bezirke, ist eine solche bequeme Idee. Berlin ist nun mal ein sich selbst organisierender Organismus, und der wird sich immer der einheitlichen Steuerung entziehen. Wer das nicht akzeptiert, wird scheitern.

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