zum Hauptinhalt
Stefan Jacobs

© Doris Spiekermann-Klaas

Auf den Punkt: Die Blinddarm-Operation

Stefan Jacobs über die A 100 als Berlins neue Staufalle

Die 420-Millionen-Euro-Frage soll also noch vor der Sommerpause beantwortet werden: Verlängerung der A100 von Neukölln zum Treptower Park - Ja oder Nein?, lautet sie. Dass darum so heftig gestritten wird, ist angesichts der Riesensumme und der massiven Auswirkungen für die Kieze von Lichtenberg über Friedrichshain bis nach Treptow nur gut. Unter den Bedenkenträgern sind keineswegs nur die üblichen Verdächtigen, sondern durchaus auch Auto fahrende Menschen, die einfach die Umgebung kennen: Da, wo diese Autobahn enden soll, steht man schon jetzt regelmäßig im Stau.

Die Autobahn würde Tag für Tag ein paar zigtausend Autos in ein bereits vorhandenes Nadelöhr stopfen, nämlich auf die Elsenbrücke samt der dahinter liegenden Kreuzung von Stralauer Allee, Tunnelstraße und Markgrafendamm. Deshalb sind selbst in den Regierungsfraktionen von SPD und Linken so viele gegen das Vorhaben. Sie sind nicht gegen Autobahnen an sich, wie Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) suggeriert, sondern gegen diese Autobahn, die der vielleicht teuerste Blinddarm Deutschlands wird.

Denn dass sie jemals durch den Friedrichshainer Kiez bis zur - ebenfalls längst ausgelasteten - Frankfurter Allee verlängert werden wird, glauben selbst glühende Befürworter nicht wirklich. Selbst wenn der Bund die, sagen wir, eine Milliarde für einen Doppelstocktunnel eines fernen Tages auftreiben würde: Berlin hätte nicht genug Polizisten, um diese Baustelle zu bewachen.

Dem leidenschaftlichen Kampf der Senatorin um die drei Autobahnkilometer steht eine frustrierende Gemütlichkeit an anderer Stelle gegenüber: Seit den 70er-Jahren gibt es Pläne für eine leistungsfähige Straßenverbindung zwischen Marzahn und Köpenick, Tangentialverbindung Ost genannt, kurz: TVO. Erst jetzt gibt es endlich eine Machbarkeitsstudie. Die sagt, dass man die TVO dringend bauen sollte. Sie wird allein keine Autobahn ersetzen können. Aber sie wäre kein Blinddarm, sondern ein Lückenschluss. Einer, der die mit vielen Millionen geförderten, höchst erfolgreichen Hightech-Gewerbeparks Eastside und Adlershof verbindet - und zugleich den dicht besiedelten Berliner Nordosten mit dem Flughafen BBI. Der wird übrigens 2011 eröffnet.

Zur TVO ist vom Senat bisher nur zu hören, dass man dafür leider Landesgeld brauche (wobei die Trasse trotz doppelter Länge fast 90 Prozent billiger wäre als die Autobahn). Wenn im bisherigen Tempo weiter geplant wird, wäre die TVO wohl um das Jahr 2025 herum fertig. Diese jahrzehntelange Verspätung ist ebenso ärgerlich wie eine Staufalle für 420 Millionen Euro.

Zur Startseite