PORTRÄT GERHARD BESIER KANDIDAT DER LINKSPARTEI:: „Die Linke ist offener, als ich vermutet habe“
Er hat das Zeug, zum schrägen Vogel innerhalb der Linken zu werden. Mit Gerhard Besier hat sich einer der Partei angeschlossen, dessen Engagement vor dem Hintergrund seiner Biografie überraschen muss.
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Er hat das Zeug, zum schrägen Vogel innerhalb der Linken zu werden. Mit Gerhard Besier hat sich einer der Partei angeschlossen, dessen Engagement vor dem Hintergrund seiner Biografie überraschen muss. Als erzkonservativ wurde der frühere Heidelberger Historiker und Theologe einst verortet, er gehörte mal zum Beraterkreis von Helmut Kohl und angesichts seines Lebenslaufs berief ihn die CDU-Landesregierung in Sachsen zum Direktor an das Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung – einen Posten, den er bis 2007 innehatte.
Die Trennung verlief damals nicht im Einvernehmen. Persönliche Verbitterung hat nun womöglich auch dazu geführt, dass der 61-Jährige seit dem Wochenende Landtagskandidat der sächsischen Linken ist. Sein Listenplatz 18, auf den er ohne Gegenkandidatur mit rund 73 Prozent der Stimmen gewählt wurde, gilt als sicher, bisher stellen die Sachsen-Linken 31 Abgeordnete. „Die Linke ist offener, als ich bisher vermutet habe“, sagte Besier. Was den Genossen gefiel: Er hatte sich der Partei angenähert, ohne eines Mandats sicher sein zu können. Im Frühjahr beriet Besier die Landesführung bei Thesen zur Wende 1989, im April erklärte er seinen Parteibeitritt.
Bei der Linkspartei gab es zuletzt nur noch wenige Übertritte ins eigene Lager, schon gar nicht fragte Prominenz aus dem konservativen Lager an. 2005 kamen Oskar Lafontaine und der frühere baden-württembergische SPD-Chef Ulrich Maurer, das waren die neuen Genossen mit Bekanntheitsgrad. Dass sich der Schauspieler Peter Sodann, besser bekannt als „Tatort“-Kommissar Ehrlicher, für die Linke als Präsidentschaftskandidat einspannen ließ, gilt im Rückblick nicht als Coup, sondern als missglückte Aktion. Die Linke gehört zu den wenigen Parteien, die zurzeit einen Mitgliederzuwachs verzeichnen – im vergangenen Jahr um knapp 4000 auf exakt 75 968. Aber darunter sind eben nicht nur erfahrene Kader, mit denen sich auch erfolgreich Politik machen lässt.
Ob Besier diesem Anspruch genügen wird, ist offen. Der sächsische Spitzenkandidat André Hahn hat ihn mit den Bereichen Wissenschaft und Hochschulen beauftragt. Auf dem Parteitag in Burgstädt ließ sich Besier feiern, weil er ein „wütendes Heulen der konservativen Horden“ ausgelöst habe. Hinter vorgehaltener Hand aber ahnt ein Genosse: Besier sei ein „wissenschaftlicher Freigeist, der auch mal kräftig danebenlangen wird“.Matthias Meisner
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