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Meinung: Ein Fall für Europa

Von Markus Hesselmann

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Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit erlebt Tony Blair noch einmal turbulente Tage. Gerade noch konnte er sich als Fürst des Friedens feiern lassen, der in fast zehnjähriger zäher Arbeit die historische Einigung im Nordirlandkonflikt entscheidend mit auf den Weg brachte. Nach all der Kritik, die der britische Premierminister wegen des Irakkriegs einstecken musste, wäre das doch ein guter, bleibender Eindruck zum Abschluss einer politischen Ära gewesen. Nordirland war eines seiner wichtigsten Projekte. Schon spekulierten die ersten Londoner Polit-Apologeten, dass Blair direkt nach dem 8. Mai mit großer Geste zurücktreten wird. Das ist das Datum, an dem Nordirland nach Jahren der direkten Verwaltung von London aus wieder eine autonome, regionale Regierung bekommt. Eine Regierung, in der einstige Bürgerkriegsgegner gemeinsam an einem Kabinettstisch sitzen werden. Und Blair hat dann auch sein zehnjähriges Jubiläum in Downing Street gefeiert.

Die Gefangennahme der britischen Soldaten am Persischen Golf gefährdet nun all diese Pläne. Die Regierung des Iran, in dem die Briten traditionell – vielleicht noch stärker als die Amerikaner – ein gern genutztes Feindbild abgeben, nutzte die Chance, um eine frühere Kolonialmacht bloßzustellen und dadurch zumindest bei einem Teil der eigenen Bevölkerung zu punkten.

Der öffentliche Druck in Großbritannien ist immens. Das Bild der gefangenen Soldatin und Mutter ist auf allen Titelseiten der britischen Zeitungen zu sehen. Das einstmals so stolze Britannien, das den Zweiten Weltkrieg zwar gewann, aber sein Empire verlor, ist herausgefordert und wirkt unerträglich schwach.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht hoch genug einzuschätzen, dass Blair erst einmal die Ruhe bewahrt. Seine Regierung macht deutlich, dass Irans Verhalten nicht akzeptabel ist und versucht, die Fakten sprechen zu lassen. Auf keinen Fall will der britische Premier noch einmal als Kriegstreiber dastehen.

Blair scheint aus dem Irakkrieg gelernt zu haben. Die Europäische Union sollte ihm dabei noch stärker helfen. Eine geschlossene europäische Front gegen den Iran und gemeinsame Drohungen mit wirtschaftlichen Sanktionen wären ein konsequenter nächster Schritt. Europa hat in der öffentlichen Meinung der Briten durch den erfolgreichen Umweltgipfel schon enorm gewonnen. Wenn die Iranaffäre ebenso erfolgreich gelöst wird und sich als Nebenprodukt Brüssels Ansehen im wichtigen Partnerland Großbritannien weiter steigert – umso besser für die gesamte EU und umso besser für die deutsche Ratspräsidentschaft.

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