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Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock empfing ihre G7-Kollegen am symbolträchtigen Ort des westfälischen Friedens in Münster.

© dpa / Bernd Lauter

Ein Format von Format: Die G7 erleben ein neues Bedeutungshoch

Die Treffen der sieben ehemals größten Wirtschaftsnationen der Welt wurden in den letzten Jahren oft als obsolet kritisiert. Doch die aktuellen Krisen zeigen ihr Potenzial.

Ein Kommentar von Anja Wehler-Schöck

Dass sich das G7-Format überlebt habe, hat man in den vergangenen Jahren nicht nur aus den Ländern gehört, die bei der Gruppe der sieben ehemals reichsten Industrienationen außen vor sind. Die Gruppe sei irrelevant geworden, außer symbolischer Erklärungen trüge sie nichts zur Lösung globaler Probleme bei, schrieb der amerikanische Ökonom Jeffrey Sachs 2021, und forderte die Einstellung der Treffen.

Die Größe der Volkswirtschaft eines Landes als Teilnahmevoraussetzung für ein Forum politischer Entscheidungsträger heranzuziehen scheint aus heutiger Sicht auch kaum mehr haltbar. Die Größenverhältnisse haben sich zudem stark verschoben.

Schon zum zehnten Mal trafen sich die Außenminister in diesem Jahr

Machten die G7-Staaten 1980 noch 51 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung aus, so waren es 2021 nur noch 31. Der Kreis der G20, zu dem unter anderem Russland, Indien, China und Saudi-Arabien zählen, hat als inklusiveres Format an Bedeutung gewonnen.

Gastgeberin Annalena Baerbock in Münster

© imago/photothek / IMAGO/Janine Schmitz/photothek.de

Die russische Invasion der Ukraine hat die Vorzeichen jedoch komplett verändert. Statt der üblichen ein oder zwei Mal trafen die G7-Außenminister im Jahr des deutschen Vorsitzes diese Woche in Münster bereits zum zehnten Mal zusammen.

Das Format hat sein Potenzial offenbart: als Wertegemeinschaft führender Demokratien nicht nur deklaratorisch, sondern auch tagespolitisch zu handeln. Als kleines vertrauliches Netzwerk einflussreicher Länder kann es auf schnellem Weg Abstimmungsprozesse ermöglichen.

Die Einigung auf einen Koordinierungsmechanismus zur Winterversorgung der Ukraine veranschaulicht die zentrale Rolle, die die G7 spielen kann. Ihre Aufgabe darf sich jedoch nicht darin erschöpfen, Brände zu löschen. Der Systemkonflikt hat an Schärfe gewonnen. Die Wehrhaftigkeit der G7-Demokratien wird letztlich der Gradmesser für ihre Relevanz sein.

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