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Greta Thunberg.

© dpa / Yui Mok

Eine Absage und ein Missverständnis: Klimakonferenzen sind auch ohne Greta wichtig

Die Klimaaktivistin Thunberg reist nicht zur COP27 nach Ägypten. Interessant, dass das interessant ist.

Ein Kommentar von Susanne Ehlerding

Greta Thunberg fährt also nicht zur Weltklimakonferenz nach Ägypten. Dass das überhaupt eine Nachricht ist, zeigt die andauernde Strahlkraft der jungen Frau. Wer erinnert sich nicht, dass sie 2019 auf einem Segelboot den Atlantik querte, um flugzeuglos an der UN-Generalversammlung teilnehmen zu können.

Jetzt fährt Thunberg unter anderem deshalb nicht zur Klimakonferenz, weil der Raum für die Zivilgesellschaft dort extrem begrenzt sei, sagt sie. Das stimmt. Um den Konferenzort Scharm el-Scheich wurde in den vergangenen Jahren eine Mauer gebaut, auch der Zugang

in die Stadt dürfte stark begrenzt sein. Vor Ort werde es kaum Möglichkeiten für öffentlichen Protest geben, schätzen deutsche Umweltgruppen. Druck von unten auf die Verhandelnden ausüben zu wollen wäre da sinnlos.

Andere sollten dringender gehört werden, findet sie

Thunberg hat sich ohnehin anderen Aktionsformen zugewandt. Am Donnerstag erschien ihr Klimabuch, eine Sammlung mit Beiträgen von mehr als 100 Forschenden weltweit zum Stand der Klimawissenschaft. Thunberg findet außerdem, dass andere dringender gehört werden müssten als sie selbst. Etwa diejenigen im globalen Süden, die schon viel mehr vom Klimawandel betroffen seien.

Mit ihrem Fernbleiben setzt Thunberg aber auch eine Strategie fort, die sie von Anfang an verfolgte. Alle Klimaverhandlungen tat sie als „Blabla“ ab. Aus der Warte einer Jugendlichen, die die Folgen der Klimakrise noch viel mehr spüren wird als all die (alten) Männer und Frauen am Verhandlungstisch, ist das nachvollziehbar. Doch es nicht gerecht.

Zwar mahlen die Mühlen der Klimadiplomatie in Zeitlupe. Aber Schuld daran ist nicht das Format der Klimakonferenz selbst. Sondern die Interessendifferenz der Teilnehmenden: auf der einen Seite die Länder, die prächtig vom Verkauf fossiler Energien leben. Auf der anderen Seite Staaten, die buchstäblich bald absaufen. Und in der Mitte Nationen wie Deutschland mit ihrem Blick auf die kurzfristigen Interessen der heimischen Industrie.

Dies Geflecht kann man nicht mit dem Schwert durchschlagen, auch wenn es schön wäre, man muss es mit Geduld entwirren. Wenn Greta Thunberg ihre Hartnäckigkeit anderswo fruchtbar macht, ist das okay. Die UN-Klimakonferenzen bleiben trotzdem unverzichtbar.

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