Meinung: „Es macht mehr Spaß, als ich gedacht habe“
Die Sache mit dem Eiswasser hätte einen schon stutzig machen müssen, mehr als die schwammigen Kommentare zu seiner Zukunft bei den Bayern. Ottmar Hitzfeld schwört jetzt auch auf Eiswasser, genau wie Jürgen Klinsmann, der seinen Spielern nach den schlauchenden WM-Spielen der schnellen Regeneration wegen das kalte Bad verordnet hat.
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Die Sache mit dem Eiswasser hätte einen schon stutzig machen müssen, mehr als die schwammigen Kommentare zu seiner Zukunft bei den Bayern. Ottmar Hitzfeld schwört jetzt auch auf Eiswasser, genau wie Jürgen Klinsmann, der seinen Spielern nach den schlauchenden WM-Spielen der schnellen Regeneration wegen das kalte Bad verordnet hat. Die Botschaft dahinter lautete: Hitzfeld, 58 Jahre alt, Großmeister der deutschen Trainergilde, hat jetzt die modernen Methoden für sich entdeckt. Hat das jemand nötig, der nur noch im Zeitraum von vier Monaten denkt?
Auf vier Monate war Hitzfelds Engagement bei den Bayern ursprünglich begrenzt. Doch gestern hat er das getan, was alle von ihm erwartet haben: Hitzfeld gab dem penetranten Liebeswerben der Bayern nach und hat seinen Vertrag in München bis zum Sommer 2008 verlängert. Es war wohl auch eine Grundsatzentscheidung, ob der 58-Jährige sich künftig überhaupt noch als Trainer sieht.
Als Hitzfeld 2004 die Bayern verließ, schien seine weitere Karriere vorgezeichnet zu sein: Entweder er würde irgendwann neuer Bundestrainer werden oder für einen internationalen Spitzenklub wie Real Madrid arbeiten. Das Angebot, die Nationalmannschaft zu übernehmen, lehnte Hitzfeld im Sommer 2004 ab; und wer seine Biografie kennt, weiß, dass ein Engagement im Ausland für ihn eigentlich nie infrage kam. Ihm fehlen die Fremdsprachenkenntnisse. Am Ende seiner Karriere als Fußballer spielte Hitzfeld kurze Zeit für Lugano im italienischsprachigen Teil der Schweiz. Todunglücklich fühlte er sich dort, weil er mit seinen Kollegen nicht kommunizieren konnte und stets Außenseiter blieb.
Vielleicht hat Hitzfeld tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, ganz aufzuhören als Trainer, sich mit ein paar Vorträgen in der freien Wirtschaft und als Experte fürs Fernsehen fortan die Zeit zu vertreiben. Seiner Lebensqualität hätte dieser ruhige Rhythmus mit Sicherheit nicht geschadet.
Im Trainerjob, auf der Jagd nach Erfolg und Anerkennung, hat sich Hitzfeld buchstäblich verzehrt. Die Auszeit aber hat ihn Gelassenheit gelehrt. „Es macht mir so viel Spaß, wie ich vielleicht noch nie als Trainer gehabt habe“, sagt Hitzfeld. Sein ganzes Auftreten kündet inzwischen von der neuen Lust an seinem Job, und die Anerkennung, die ihm derzeit von allen Seiten zuteil wird, schmeichelt ihm. Hitzfeld hat nichts Verhuschtes mehr an sich.
Bei den Bayern zu verlängern war auch das Resultat einer kühlen Kalkulation des studierten Mathematiklehrers Hitzfeld. Vielleicht gewinnt er in dieser Saison mit viel Glück tatsächlich noch einen Titel. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihm dies im nächsten Jahr gelingt, ist deutlich größer. Dann kann Hitzfeld endgültig aufhören. So endgültig wie diesmal.
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