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Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Bundestag vor Beginn der Sitzung des Verteidigungsausschuss. Die Bundeswehr plant Investitionen in ihre Ausrüstung in Milliardenhöhe

© dpa/Michael Kappeler

Bundeswehr: Frieden schaffen mit teuren Waffen

Den Wehretat aufzustocken, kann sinnvoll sein – wenn nicht nur Technik aufgehäuft wird. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Robert Birnbaum

Militär kostet Geld, und sehr viel davon. Beim Ringen aller Verteidigungs- mit allen Finanzministern geht es rasch um Milliarden. Ursula von der Leyen hat jetzt gleich mal 130 davon in den Ring geworfen. Eine Zahl, die beeindruckt, und das soll sie ja auch: Sage keiner, die Deutschen redeten nur von gestiegener weltweiter Verantwortung! So weit zur Botschaft im Großen. Und wie steht es, im Kleinen, Krämerischen, um den Inhalt in dieser Verpackung?

Die 130 Milliarden Euro will Leyen in Rüstung und Ausrüstung stecken, und zwar bis 2030. Wohlgemerkt: nicht zusätzlich, sondern insgesamt. In der bisherigen Finanzplanung sind für diesen Posten nach Auskunft des Ministeriums im Verteidigungsausschuss rund 80 Milliarden Euro vermerkt. Als reales Plus blieben also etwa 50 Milliarden für Anschaffungen von Schutzweste bis Panzer, verteilt auf eineinhalb Jahrzehnte und nicht inflationsbereinigt.

Das klingt also schon etwas weniger gigantisch, ist allerdings auch kein Pappenstiel – rund 3,6 Milliarden Euro mehr im Jahr allein für Investitionen ins Material. Da jedem klar ist, dass auch für Personal künftig eher mehr Geld wird fließen müssen, müsste Leyen bei Wolfgang Schäuble nach Einschätzung von Wehr- und Haushaltspolitikern zwischen fünf und sechs Milliarden pro Jahr lockermachen.

Die Friedensdividende hat sich erledigt

Zur Einordnung sollte man wissen: In den letzten Haushaltsverhandlungen 2015 hatte Schäuble acht Milliarden zusätzlich für vier Jahre bewilligt. Der Finanzminister ist einer weiteren Aufstockung sicher nicht prinzipiell abgeneigt. Schäuble ist Sicherheits- und Weltpolitiker genug, um zu sehen, dass allein schon die Erfahrung der Ukraine-Krise alte Träume von einer Friedensdividende erledigt hat. Trotzdem ist Leyens Forderung, sagen wir, ehrgeizig.

Hinter der großen Zahl fast ein wenig versteckt bleibt, dass die Ministerin die Bundeswehrreform ihres Vorgängers Thomas de Maizière erneut korrigiert. Denn gleichzeitig mit dem Finanz- legt Leyen einen neuen Ausstattungsplan für das Großgerät vor. De Maizière hatte dafür Obergrenzen gezogen – die den Etat schonten, aber zugleich zu den viel beklagten „hohlen Strukturen“ führten: Panzergrenadiere, die sich vor dem demonstrativen Nato-Manöver in Osteuropa erst ihre Panzer bundesweit zusammenborgen mussten. Leyen meldet jetzt einen „an den derzeitigen Aufgaben orientierten Bedarf“ an. Der soll vor allem bei Kampfpanzern und anderen gepanzerten Fahrzeugen deutlich über der alten Obergrenze liegen. Die Ministerin nimmt da eine strategische Entscheidung vorweg, die eigentlich dem neuen Weißbuch vorbehalten sein sollte. 320 statt 225 Leopard-2 sind nichts für Auslandseinsätze, sondern eine Botschaft an Du-weißt-schon-wer im Osten.

Sinnvoll ist das; die Nato hat am Fall Ukraine lernen müssen, dass in ihrem Waffenarsenal unterhalb der Atomkeule schmerzliche Lücken klaffen. Sinnvoll ist es aber nur, wenn die hohlen Strukturen jetzt nicht durch potemkinsche ersetzt werden: Ein Hof voll stählerner Monster nützt nichts, wenn dann Geld für Instandhaltung und Personal fehlt. Wie war das mit Militär noch? Genau: Es kostet Geld, und sehr viel davon.

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