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Nach der Sparpaket Abstimmung kam es in Athen zu gewaltsamen Protesten.

© reuters

Nach Sparpaket-Zustimmung: Griechenland ist weiter am Boden

Nach der Zustimmung zum Sparpaket der EU müsste jetzt ein Ruck durch Griechenland gehen. Aber ein letztes Aufbäumen wird es nicht geben. Das Land ist nicht nur finanziell, sondern auch politisch bankrott.

Die Verabschiedung des Sparprogramms war für die griechischen Politiker ein Kraftakt. Und doch nur ein erster Schritt. Denn nun kommt es darauf an, die Sparbeschlüsse und Reformvorgaben umzusetzen. Das wird nicht leicht. Zumal das Land einem Wahlkampf entgegengeht. Eine Prognose darf man schon jetzt wagen: Die nächste Wahl, voraussichtlich im April, wird völlig neue politische Kräfteverhältnisse bringen. Seit dem Ende der Obristendiktatur 1974 dominierten die beiden Volksparteien – die konservative Nea Dimokratia und die anfangs sozialistische, inzwischen eher sozialdemokratisch aufgestellte Pasok. Sie wechselten sich an der Macht ab, prägten die von Günstlingswirtschaft und Korruption bestimmte Kultur des Landes.

Jetzt steht die griechische Parteienlandschaft vor einem radikalen Umbruch. Am stärksten bekommen das die Sozialisten zu spüren. Giorgos Papandreou und seine Pasok gewannen die Wahl vom Oktober 2009 mit triumphalen 44 Prozent. Im jüngsten, vergangene Woche veröffentlichten Politbarometer rangiert die Pasok bei mageren acht Prozent. Wohl selten hat eine Partei einen so steilen Absturz erlebt. Profitiert haben von der Krise vor allem die Parteien der radikalen Linken, die den Spar- und Reformkurs strikt ablehnen. Sie kommen auf zusammen 42 Prozent. Diese Konstellation lässt nichts Gutes erwarten.

Die Griechen sind müde und zermürbt von der fünfjährigen Rezession im Land

Die konservative Nea Dimokratia gilt zwar als sicherer Wahlsieger, aber für eine regierungsfähige Mehrheit wird es nicht reichen. Das bedeutet langwierige Koalitionsverhandlungen, die das Land über Wochen lähmen könnten. Dabei braucht Griechenland gerade jetzt eine tatkräftige, durchsetzungsfähige Regierung. Die erhofften Hilfskredite und der angestrebte Schuldenschnitt können zwar die akute Gefahr eines Staatsbankrotts abwenden. Nachhaltig gesunden kann der griechische Patient aber nur, wenn er sich der notwendigen Therapie unterzieht. Sie besteht nicht nur in fiskalischer Disziplin. Wichtiger noch ist die Umsetzung der Reformagenda.

Der bis zum vergangenen November amtierende sozialistische Premier Papandreou ist an dieser Aufgabe gescheitert. Er versprach zwar, mit der Vergangenheit zu brechen, Korruption und Klientelwirtschaft auszumerzen und das Land auf einen neuen Kurs zu bringen, aber er konnte sich nicht durchsetzen. Die Zünfte und Kartelle, die Griechenlands Wirtschaft beherrschen und zugleich lähmen, verhinderten jeden Versuch einer Modernisierung. Auch bei den Konservativen ist bisher nicht die Bereitschaft zu erkennen, sich mit den mächtigen Interessengruppen anzulegen. Selbst wenn die Staatspleite noch einmal abgewendet werden sollte: Griechenlands politisches System ist bankrott.

Eigentlich müsste jetzt ein Ruck durchs Land gehen. Aber die Griechen sind müde, sie sind zermürbt von der Rezession, die bereits ins fünfte Jahr geht und immer mehr Menschen um ihre Jobs bringt. Köpfe mit frischen Ideen, die das Land aus seiner Lethargie aufwecken könnten, sucht man vergeblich. Das ist der bedrückendste Aspekt der griechischen Tragödie.

Gerd Hoehler

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