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PORTRÄT LUBNA HUSSEIN SUDANESISCHE JOURNALISTIN:: „Ich habe nichts Falsches getan“

Sie saß gerade beim Abendessen im Restaurant Kauka Baschart in Khartum, der Hauptstadt Sudans, als plötzlich 15 Religionspolizisten hereinstürmten. Vor den Augen der entsetzten 200 Gäste wurden alle Mädchen und Frauen in Hosen aufgefordert, auf das Kommissariat mitzukommen.

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Sie saß gerade beim Abendessen im Restaurant Kauka Baschart in Khartum, der Hauptstadt Sudans, als plötzlich 15 Religionspolizisten hereinstürmten. Vor den Augen der entsetzten 200 Gäste wurden alle Mädchen und Frauen in Hosen aufgefordert, auf das Kommissariat mitzukommen. Dort wurde der bekannten sudanesischen Journalistin Lubna Hussein und zwölf weiteren Frauen vorgeworfen, sie seien nicht islamisch- anständig gekleidet. Seit dem Militärputsch von Präsident Omar al Baschir 1989 gilt im Nordsudan islamisches Recht, die Scharia. Paragraf 152 des Gesetzbuches verurteilt das Tragen von Hosen als „obszönes Benehmen, Verstoß gegen soziale Normen und Verletzung der öffentlichen Moral“.

Zehn Hiebe plus umgerechnet 100 Euro setzte der Al-Sagana- Schnellgerichtshof zwei Tage später fest, die sofort vollstreckt wurden. Zehn Frauen, unter ihnen drei minderjährige Mädchen im Alter von 16 und 17 Jahren, akzeptierten das Urteil, weil sie kein Aufsehen wollten und „um die Sache hinter sich zu bringen“, wie eine der Betroffenen später angab. Drei jedoch widersprachen, verlangten einen Anwalt und ein ordentliches Gerichtsverfahren – unter ihnen Lubna Hussein. „Ich habe nichts Falsches getan“, sagt die Journalistin, die inzwischen für ihre Verhandlung 500 gedruckte Einladungen an Politiker, Zeitungen und Fernsehstationen verschickt hat.

Die Muslima hat Wirtschafts- und Kommunikationswissenschaften in Khartum studiert. Ihr verstorbener Mann Abdul Rahman Mukhtar war Gründer der angesehenen Tageszeitung „El Sahafa“. Inzwischen arbeitet sie als Pressesprecherin der UN-Mission im Sudan. In ihrer Heimat hat sie sich vor allem durch ihre Kolumne „Männergespräche“ einen Namen gemacht. In ihren Kommentaren, die inzwischen nur noch im Internet erscheinen können, nimmt sie Doppelmoral und Frauendiskriminierung aufs Korn und übt beißende Kritik am Missmanagement der Regierung und den islamischen Fanatikern. Viele Familien und Paare würden sich jetzt im Sommer abends am Nilufer einfinden, um sich zu entspannen. Doch es vergehe kaum ein Abend, an dem nicht die Moralpolizei auftauche, die Menschen davonjage, manchmal auch Mädchen mitnähme. „Mein Hobby war das Joggen“, sagt Lubna Hussein. Dazu aber müsse sie einen Trainingsanzug tragen – und das ist im Sudan verboten. „Also habe ich damit aufgehört – und bin dick geworden.“ Martin Gehlen

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