Lesermeinung: Die Hysterie des Jahres
Seit 15 Jahren gibt es „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ im Fernsehen. Dafür sollte es die Party aller Partys werden
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Babelsberg - Die Begeisterung scheint auch nach 15 Jahren ungebrochen. „Die Daily Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, produziert in Babelsberg, ist ein Dauerbrenner. Das einzigartige Jubiläum – keine andere tägliche Serie hielt europaweit so lange ausreichend Zuschauer an den Fernsehern – sollte einzigartig gefeiert werden: Die Party des Jahres war angekündigt am Sonnabend im Filmpark Babelsberg. Und Filmpark-Chef Matthias Voss war bereits während der eintägigen Show so begeistert, dass er für das kommende Jahr zur 4000. Folge der Serie eine ähnliche Party versprach. Zumindest die Hysterie des Jahres wurde im Themenpark geboten.
Tausende Fans – vorzugsweise junge Mädchen zwischen 8 und 16 Jahren – standen schon eine Stunde vor Öffnung der Kassen, zwei Stunden vor offiziellem Partybeginn an den Kassen des Parks. „Wir sind um halb sechs in Aue losgefahren“, erzählte Katherina Kral die just am Tag der Party ihren 13.Geburtstag feierte. Vater Andreas hatte seine Tochter und ihre Freundinnen Jule, Jessica und Christiane nach Babelsberg kutschiert. Mit im Gepäck ein gebasteltes rotes Herz zum Unterschreiben. Eine Familie im GZSZ-Fieber, denn: Die Mutter ist ein ebenso großer Fan wie Katherina. Mitfahren zur Party durfte sie dennoch nicht: „Kein Platz mehr im Auto, meine Tochter wollte lieber ihre Freundinnen mitnehmen“, gestand Vater Andreas.
Als die Ordner den Weg zum Autogramm-Marathon freigaben, ähnelte die Szenerie nicht nur wegen der aufgestellten Wellenbrecher in der Caligarihalle der eines Tokio Hotel-Konzerts. Drängelnde Teenager drückten gegen Wand und Türen, um dann nach vorn in die erste Reihe zu stürmen.
Die Tränen rollten dabei gern, vor Freude oder vor Aufregung. Bei der 14-jährigen Stefanie Beilerian kullert das Augennass nach den Autogrammen von Ulrike Frank und GZSZ-Urgestein Wolfgang Bahro. Seit 1996 ist sie Fans der Dauerserie und bereits das 2. Mal im Filmpark, um ihre Lieblingsdarsteller aus dem Fernsehen live zu sehen. Und die präsentierten sich in anderen, als ungewöhnlich angekündigten Rollen. GZSZ-Darstellerin Maike von Bremen debütierte als Tiertrainerin. Dass sie dabei vor allem Leckerlis verteilte, tat der Begeisterung bei den Fans keinen Abbruch.
Richtigen Einsatz schienen die GZSZ- Sternchen in der Stuntshow im Vulkan zu zeigen. Darsteller Stefan König wurde als „lebendige Fackel“ mit einem Glasfaseranzug präpariert – einer der Höhepunkte der gefährlichen Show. Mit benzingetränktem Laken verschwand er hinter den Kulissen. Kurz darauf rannte er lichterloh brennend durch den Vulkan: Ein Held. Nicht ganz. Denn parallel dazu wurde ein Stuntman ausgerüstet und nach vorne geschickt. Immerhin: König kam mit einem brennenden Arm zum Schluss der Show auf die Bühne. Die Auktionatoren Frank-Thomas Mende und GZSZ-Neuling Nick Breidenbach versteigerten Serien-Devotionalien zugunsten des RTL-Spendenmarathons. Gemeinsam holten sie das locker sitzende Geld der Fans. Das Bild war fast immer das gleiche: Kinder, die so lange an ihren Eltern herumzerrten, bis diese von der Quengelei niedergerungen brav Gebote abgaben. Für einen Hut des Serien-Schönlings Jörn Schlönvoigt legte der 14-jährige Michael aus Berlin stolze 51 Euro hin, des weiteren wechselte Serieninventar wie Tassen, Plasteglobus oder ein Riesenschuh den Besitzer. Wie viel Euro für die Spendenaktion des Kölner Privatsenders zusammengesteigert wurden, ist indes wohl in der Hysterie untergegangen – der Filmpark blieb die Angaben jedenfalls schuldig.
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