Lesermeinung: „Drängelgitter“ erinnert an frühere DDR-Grenze
Weit übers Ziel hinausgeschossen – Imageschaden für Potsdam zu befürchtenDie vielen Proteste – vor allem aus Babelsberg – gegen die Parkordnung haben eines gezeigt: Die Stiftung wäre gut beraten, in der Durchsetzung ihrer Ordnung schnell zurückzurudern und zusammen mit und für die Bürger eine einvernehmliche Lösung zu suchen. Erstens zeigen die Proteste, dass die Stiftung in ihrer Regelungswut weit übers Ziel hinausgeschossen ist.
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Weit übers Ziel hinausgeschossen – Imageschaden für Potsdam zu befürchten
Die vielen Proteste – vor allem aus Babelsberg – gegen die Parkordnung haben eines gezeigt: Die Stiftung wäre gut beraten, in der Durchsetzung ihrer Ordnung schnell zurückzurudern und zusammen mit und für die Bürger eine einvernehmliche Lösung zu suchen. Erstens zeigen die Proteste, dass die Stiftung in ihrer Regelungswut weit übers Ziel hinausgeschossen ist. Selbst die UNESCO als Welterbehüter lässt Spielraum für die Parknutzung mit den Bedürfnissen der Besucher. Die Stiftung war bisher absolut intransparent in der Begründung ihrer Anliegen. Sie sollte sich von anderen Städten mit viel stärker genutzten Parks (zum Beispiel Berlin oder München) Anregungen holen, wie Schutz und Nutzung in Einklang zu bringen sind. Sie sollte die Realität anerkennen, dass die Parks mitten im Stadtgebiet liegen, mit Wohngebieten drumherum. Hier muss endlich auch mal von der Stadt Potsdam ein Signal zur Unterstützung der Bürger kommen. Eine verträgliche Nutzung kostet Geld. Wahrscheinlich kostet es aber viel weniger, als man befürchtet, und bestimmt weniger, als die von der Stiftung selbst verursachten Schäden, wie das Befahren der Wege mit stiftungseigenen, schweren Fahrzeugen. Schon jetzt ist ein Imageschaden für das bisher weltoffene, liberale Potsdam zu befürchten: Im rbb-Fernsehen sprach man von einem „absolutistischen“, „arroganten“, „undemokratischen Umgang nach Schlossherrenart“ durch die Stiftung. Gerade wer Geld von den Steuerzahlern verbraucht, sollte sich bemühen, die Bedürfnisse der hauptsächlichen Nutzer der Parks ernst zu nehmen.
Martin Rothaug, Potsdam
Dankbar sein, in dieser Stadt wohnen und leben zu dürfen
Es ist an der Zeit, einmal danke zu sagen. Die ewige Diskussion um unsere wunderschönen Gartendenkmale und Parks macht krank.Wir alle sollten dankbar sein, in dieser Stadt wohnen und leben zu dürfen, in welcher mühevoll angelegte und perfekt gepflegte Parks täglich für alle zugänglich sind.Wir verdanken Ihre Existenz genialen Schöpfern, die mit Herz, Hand und Verstand diese großzügigen königlichen Gartenparkanlagen schufen. Es sind Kunstwerke, wie sie die Neuzeit wohl nicht mehr zu kreieren vermag. In der damaligen Zeit wurden diese unter der Prämisse Ordnung und Sauberkeit für das Volk geöffnet. Sie sollten Ruhe,Gelassenheit, Muse und Schöngeist vermitteln – Werte,die in einer Spaßgesellschaft keine Akzeptanz mehr finden. Manchmal könnte man meinen, dass wir dabei sind, am Überfluss von Freiheit zu ersticken. Plötzlich gelten normale Regeln als unsozial und kinderfeindlich. Unsere Feld-Wald-Seen- und Wiesenlandschaften,der Buga-Park, das ist alles in erreichbarer Nähe, wird aber nicht ausreichend genutzt. Stattdessen soll der einzigartige Babelsberger Park – angelegt in der Art eines englischen Landsitzes, mit den ideellen Wurzeln im Deutschtum der Romantik – plötzlich Volkspark sein. Es ist wirklich an der Zeit, dass wir uns bemühen, eine konstruktive Sichtweise für das UNESCO-Erbe zu entwickeln. Wir alle sind aufgerufen, die verloren gegangene Sensibilität für die Ästhetik erneut zu schulen. Eine Eigenschaft, die für andere Kunstwerke als selbstverständlich erachtet wird. Unsere Kinder werden es uns danken. Der erste Schritt in diese Richtung ist, die Parkordnung anzuerkennen und einzuhalten, und diese nicht als Gängelei aufzufassen , sondern als Werterhaltung von Kulturgut verstanden zu wissen.
E. Storch, Ärztin im St. Josef Krankenhaus Potsdam
Besuch am „Drängelgitter“ beendet
Vor kurzem besuchte ich meine alte Heimat Babelsberg. Jedes Mal freue ich mich, wie viel sich in der Zwischenzeit getan hat, aber diesmal musste ich mit Entsetzen feststellen, dass die Stiftung den Zugang zum Park Babelsberg erheblich eingeschränkt hat. Das „Drängelgitter“ am Pförtnerhaus Alt Nowawes ist eine Provokation fürs Auge. Wie lässt sich so etwas mit dem Anspruch der Denkmalpflege vereinbaren? Es verschandelt den schönen freien Blick in den Park. Ich lebte als Kind in Alt Nowawes und der Park war für uns zu jeder Zeit der schönste Spielplatz, ohne dass wir dort Schaden anrichteten. Damals konnten wir sogar noch überall frei baden. Die Wege werden sicher nicht durch Rad- und Rollstuhlfahrer und Kinderwagen beschädigt. Bei meinem Besuch sah ich einen Trecker mit Anhänger durch den Park fahren – da liegt wohl eher die Ursache für die Schäden. Meinen Ausflug beendete ich dann schon am „Drängelgitter“. Einige wütende Besucher machten ihrem Ärger Luft und klärten mich über den neuen Zustand auf. Als dann auch noch drei Aufsichtspersonen mit einem Hund erschienen, war mir die Lust vergangen. Unsensibel und unfreundlich und nicht auf ihre Aufgabe vorbereitet, so erschienen sie mir. Ich fühlte mich zurückversetzt in die Zeit, als ich mit Bauchschmerzen die Grenze zur DDR überschritten hatte. Ich hoffe sehr, dass sich eine Lösung findet, und die Bevölkerung und die Gäste den schönen Park in Zukunft erstmal meiden.
Brigitte Bernstiel, Köln
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