Lesermeinung: Edikt von Potsdam ist Anknüpfungspunkt, keine Grundlage
Zu: „Edikt von Potsdam infrage gestellt“ 23.10.
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Zu: „Edikt von Potsdam infrage gestellt“ 23.10. 2009
Für das „Tolerante Brandenburg“ (seit 1998) und das „Neue Potsdamer Toleranzedikt“ (als Stadtgespräch 2008 entstanden) ist das Edikt von Potsdam (1685) bestenfalls ein lehrreicher Anknüpfungspunkt für eine Diskussion über Einwanderung, Integrationsprobleme und Toleranz. Diese Diskussion ist allerdings aktuell und notwendig im heutigen Europa, für Berlin-Brandenburg in der neuen Mitte dieses Europas und für die Stadt Potsdam, die sich seit den 90er Jahren wieder neu zusammensetzt und mischt.
Alt und Neu sind nicht nur zu verbinden, sondern indem man das Alte (in diesem Fall das Edikt von Potsdam) zur Kenntnis nimmt, werden auch der Abstand zur heutigen Gegenwart (die in Geschichte nicht aufgeht) deutlicher und damit die Herausforderungen unserer Zeit. Darum vor allem ging und geht es mit dem neuen Toleranzedikt, das sich im Unterschied zum alten zu Recht so nennen darf.
Mit diesen Bemühungen, die nie abgeschlossen sind, wird zumindest versucht, gemeinsame Grundlagen einer lebenspraktischen Toleranz für alle zu schaffen. Die Grenzen des alten Edikts sind im neuen Edikt nicht nur thematisiert, sondern für alle einsehbar und auch dokumentiert – so etwa der Ausschluss der Katholiken. Die Lektüre lohnt sich also für die weitere Diskussion. Inzwischen sind 16 500 Exemplare des Neuen Potsdamer Toleranzedikts verteilt, und ich habe noch keines in einem Papierkorb gesehen.
Wir haben in Europa keinen Grund selbstgefällig zu sein, wie dies Claudio Magris (Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2009) jüngst in seiner Friedenspreis-Rede in der Frankfurter Paulskirche wieder herausgestellt hat: Wir haben vielmehr alle die Offenheit für den „größtmöglichen Dialog“ bei einem „Minimum an verbindlichen Werten“ zu lernen – das ist das eigentlich liberale Aufklärungsprogramm.
Darum geht es in der heutigen Toleranzdiskussion.
Heinz Kleger, Potsdam
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