Lesermeinung: Ehemaliger Friedhofsleiter auf „seinem“ Südwestkirchhof begraben
Reinhard Schwarz - ein NachrufReinhard Schwarz wurde am 26. Juli auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf zur letzten Ruhe getragen.
Stand:
Reinhard Schwarz - ein Nachruf
Reinhard Schwarz wurde am 26. Juli auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf zur letzten Ruhe getragen. Er verstarb im Alter von 80 Jahren und ist an den Ort zurückgekehrt, auf dem er 15 Jahre als Außendienstleiter verantwortlich war – von 1974 bis 1989. Während der Zeit der deutschen Teilung war der Diplom-Landwirt Reinhard Schwarz als Außendienstleiter der Landeskirche auf dem Südwestkirchhof beschäftigt. Er war verantwortlich für etwa 40 gärtnerische Mitarbeiter, einschließlich Verwaltung. Es war keine einfache Zeit. Kirchliche Einrichtungen bekamen kaum wirtschaftliche Unterstützung. Als kirchlicher Arbeitnehmer erhielt man selbst für DDR-Verhältnisse einen geringen Lohn. Unter allen Witterungsbedingungen musste im Freien meist mit der Hand gearbeitet werden – Technik gab es kaum. Und es gab viel zu tun, denn viele Gräber mussten auf dem riesigen Gelände gepflegt werden. Für die Pflege ihrer Gräber zahlten die „Westberliner“ zwar in Westmark, das Geld kam allerdings 1 : 1 in Ostmark beim Stadtsynodalverband an – der Südwestkirchhof war also Devisenbeschaffer für die DDR. Der Außendienstleiter Reinhard Schwarz hatte zwar alle Hände voll zu tun, aber auch eine Belegschaft, die zu ihm stand. Neben Grabpflege gab es weitere Aufgaben: Der Waldfriedhof verlangte nach Forstarbeiten und Landschaftspflege. Dabei wurde viel Holz gemacht, welches als Brenn- oder Bauholz verkauft wurde. Letzteres galt auch als Tauschobjekt für Baumaterial zur Erhaltung der Gebäude auf dem Kirchhof. Priorität hatte damals schon die Norwegische Kapelle. Auch mancher Handwerker wurde mit Holz bezahlt, denn an dem 80 Jahre alten Wasserleitungsnetz gab es ständig was zu tun. In den 80er Jahren pflanzte der Südwestkirchhof Fichten und verkaufte sie als Weihnachtsbäume. Auch in einigen Kirchen im Prenzlauer Berg standen Heilig Abend Weihnachtsbäume aus Stahnsdorf – von Reinhard Schwarz organisiert.
Zudem beschäftigte er sich mit dem kulturhistorischen Aspekt des Stahnsdorfer Kirchhofs. 1984 veröffentlichte Schwarz die erste Auflistung und Kurzdarstellung von über 100 Persönlichkeiten, die hier ihre Ruhe fanden. Er benannte dabei auch das „dunkle Kapitel“ von 1933 bis 1945.
Krankheitsbedingt musste Reinhard Schwarz mit 58 Jahren seine Tätigkeit aufgeben. Er blieb dem Kirchhof weiterhin verbunden durch seine aktive Mitarbeit im Förderverein, mit kulturhistorischen Rundgängen, Anleitung von Jugendgruppen bei Grabrenovierungen, Kennzeichnung von Wegen und Hinweisschildern. Glanzpunkt in seinem Engagement für den Kirchhof war der 3. November 2005. An diesem Tage besuchte Königin Elisabeth II., die Queen, den Britischen Soldatenfriedhof in Stahnsdorf. Von zehn verdienten Stahnsdorfern für den Kirchhof stand Reinhard Schwarz in der ersten Reihe.
Schwarz war auch aktiv in der Stahnsdorfer Kirchgemeinde. Er spielte Trompete bei den Bläsern, sang im Chor und war als Lektor tätig. Seine Ehefrau Gabriele unterstützte er, wenn sie in der Stahnsdorfer Kirche oder zu Beisetzungen auf dem Südwestkirchhof die Orgel spielte. Reinhard Schwarz war passionierter Bergsteiger. Daher war sein Lieblingspsalm auf der Traueranzeige zu lesen: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von welchen mir Hilfe kommt“. Nun hat Reinhard Schwarz an dem Ort, den er mitgeprägt hat und der sein Leben bedeutete, die letzte Ruhe gefunden. Wir alle werden ihn dankbar in unserer Erinnerung bewahren.
Gerhard Petzholtz, Förderverein Südwestkirchhof Stahnsdorf
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