Lesermeinung: Fairer Wettbewerb bei der Lobbyarbeit der Potsdamer Schulen gefordert
“Rauchfuß gegen Rupprecht?“, “Entwickeln“ 2.
Stand:
“Rauchfuß gegen Rupprecht?“, “Entwickeln“ 2.10. 2007 und “Humboldt war die EOS 1“ , 10.10.2007
Dass der Leiter eines Potsdamer Gymnasiums als öffentliche Person seinen 60. Geburtstag nutzt, um vor eigens geladenen Gästen Lobbyarbeit für seine Schule zu betreiben, und auf einige Aspekte in der Entwicklung der Brandenburger beziehungsweise der Potsdamer Bildungslandschaft verweist, die in der Tat kritische Stimmen (zum Beispiel die Stärkung der Privatschulen) auf den Plan rufen müssen, ist erstaunlich, aber vielleicht legitim und nachvollziehbar. Wenn aber dieser Umstand und das von der Rednerkanzel Verkündete dazu genutzt werden, um in der Lokalpresse zu polemisieren, muss Widerspruch gestattet sein.
Denn hier droht sich ein fehlerhaftes Bild zu etablieren. Richtig ist, dass alle Schulen in Potsdam den Anspruch haben, Schülern gute und innovative Bildungsspektren anzubieten. Richtig ist auch, dass die Schülerzahlen wegen der geburtenschwachen Jahrgänge deutlich zurückgegangen sind, sich also jede Schule um Bewerber bemühen muss. Und – zugegeben – die beiden ehemaligen Erweiterten Oberschulen (EOS) in Potsdam, das heutige Helmholtz-Gymnasium (ehemals EOS 4) und das Humboldt-Gymnasium (ehemals EOS 1) stehen traditionell in einem gewissen Wettkampf miteinander.
Die Betonung liegt auf „mit“. Denn wenn ein gesunder Konkurrenzgedanke sich in bloße Häme und Dünkelhaftigkeit zu wandeln droht, wird er konterkariert. Das Humboldt-Gymnasium ist gemeinsam mit der Grundschule am Priesterweg Stützpunkt der Begabtenförderung für den gesamten Schulamtsbereich Brandenburg geworden (nicht, wie behauptet: „Leistungsstützpunkt“). Ist also eine Anlaufstelle für Eltern, Kinder, aber auch Lehrer-Kollegen – wenn Beratungsbedarf zur Schullaufbahn besonders begabter Kinder besteht. Über diese Zuweisung wurde nicht im Ministerium entschieden, sondern im Schulamt. Sie ist Ergebnis der konzeptionellen und kooperativen Anstrengungen beteiligter Lehrer, die im Bereich der Begabtenförderung durch Weiterbildung Zertifikate erworben haben, beziehungsweise erwerben werden. Die so genannten „Leistungs- und Begabungsklassen“ haben damit nichts zu tun und wurden – außer am Helmholtz-Gymnasium und am Humboldt-Gymnasium – noch an drei weiteren Schulen Potsdams eingerichtet.
Ist es nur ein sachlogischer Lapsus, wenn behauptet wird, das Helmholtz-Gymnasium habe „den Wettkampf zwischen den staatlichen Schulen als Sieger abgeschlossen“, oder sollte die Lobbyarbeit in der Presse fortgesetzt werden? Welche Maßstäbe werden hier angelegt? Bewerberzahlen können es nicht sein, auch nicht die Ergebnisse beim zentralen Abitur, aber das sind schließlich auch nur Zahlen.
Herr Rauchfuß wird damit zitiert, dass „ein Ende (der Entwicklung des Helmholtz-Gymnasiums) sei nicht in Sicht“. Das ist sicher richtig und jeder Schule zu wünschen, die mit Selbstbewusstsein und Engagement ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag annimmt, aber bitte in einem fairen Wettbewerb, an dem sich die einzelnen Mannschaften gern beteiligen.
Heidrun Kinner, Humboldt-Gymnasium Potsdam
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