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Lesermeinung: Für die Montagsdemonstrationen

Zu: „RBB: SPD-Stadtverordneter räumt Stasi-Tätigkeit ein“, 23.1.

Stand:

Zu: „RBB: SPD-Stadtverordneter räumt Stasi-Tätigkeit ein“, 23.1. 2010

Was wir erleben, sind die tragischen Folgen eines repressiven Systems, einer Ideologie, die für ihre Installation auf deutschem Boden das komplette Leben der ihr Unterworfenen beanspruchte. Nun erleben wir menschliche Tragödien – die der Täter. Was für ein Elend! Ausgelöst durch die machtstrategische Entscheidung des Ministerpräsidenten Matthias Platzeck, 20 Jahre danach mit den Vertretern dieser Ideologie eine Koalition zu bilden, stehen die Opfer, die Traumatisierten dieses Systems auf und fangen laut an zu schreien: „Zumutung! Unerträglich! Nie wieder ! Nicht mit uns!“. Ein Ort dafür ist die Montagsdemo in Potsdam. Sie ist begründet im Aufschrei, im Protest, in der Mahnung, in der Erinnerung, sie ist eine Versammlung der Wachen, der ehemals Unterworfenen des Unrechtsregimes. Jeder und jede hat seine, hat ihre eigene Leidensgeschichte zu erzählen. 20 Jahre – diese Zeit war wohl nötig und ist historisch gesehen ein Zeitabschnitt, den schon die Generation vor uns brauchte, um eine kollektive Erinnerungs- und Bewältigungsleistung , ausgelöst durch die Frage an die eigenen Eltern: „Wo warst Du und was hast Du gewusst ?“ in Gang zu setzen. Es ist auch eine historische Chance. Die Opfer haben inzwischen eine angemessene Distanz zu dem Trauma des millionenfach erlebten Autoritätsmissbrauchs, der Entmündigung, der Gefangenschaft, der Angst, der Knechtschaft, des Verrats , der Manipulation und der Zersetzung. Repression erzeugt Duckmäusertum und Feigheit – überall und zu jeder Zeit. Die Ideologie, die dahinter steht, ist leider nicht tot. Sie gebiert, wo sie sich einnistet Tyrannei. Sie ist eine Selbsterlösungslehre, deren Gott, die „praktische Vernunft“, alles unterworfen werden muss. Gepaart mit einer materialistisch-atheistischen Weltsicht, kleidet sich diese Ideologie in immer neue Gewänder; neuerdings in das Gewand des Utilitarismus, der jedwede Lebensoption nach der Frage „Was nützt?“ selektiert. Diese, an Vermessenheit nicht mehr zu überbietende Ideologie, benutzt Menschen, erzieht zu überangepassten Opportunisten, ist eine Gefahr für die Freiheit, verleugnet jene Fundamente, auf denen Werte wachsen und verhindert so die Menschwerdung jedes Einzelnen und damit die Gemeinschaft.

Ute Arndt-Hering, Potsdam

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