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Lesermeinung: Gründlich prüfender Richter durch und durch

„Trennungsgeld in atemberaubender Höhe gezahlt“ – kein Wunder, dass die Medien diese Steilvorlage von Ministerpräsident Platzeck begierig aufgreifen. (PNN v.

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„Trennungsgeld in atemberaubender Höhe gezahlt“ – kein Wunder, dass die Medien diese Steilvorlage von Ministerpräsident Platzeck begierig aufgreifen. (PNN v. 29. 1.) Verfassungsgerichtspräsident Peter Macke hat zwar Anträge für Entschädigungszahlungen korrekt ausgefüllt und nichts verschleiert. „Ihm ist nicht das Geringste vorzuwerfen“, so derselbe Ministerpräsident einen Tag vorher, aber „ den Menschen im Lande sei es letztlich egal, ob falsche Angaben gemacht worden seien oder ob falsch bewilligt worden sei.“ In einem Rechtsstaat besteht aber dabei ein Riesenunterschied, und man hätte sich vom obersten Dienstherrn der Brandenburger Staatsdiener gerade im Fall Macke schon gern eine differenziertere Bewertung von historischen Umständen, Leistungen für das Land Brandenburg und Schwere der „moralischen Fragwürdigkeit“ (Zitat Macke) seiner Verfehlung gewünscht. Aber in Zeiten des Vorwahlkampfes sind die Verdienste eines Mannes und die Bewertung des geschichtlichen Hintergrundes nicht einmal mehr einer sekundären Betrachtung wert. Kein Mensch regt sich heute mehr über die jahrelange Zahlung von „Buschzulagen“, Gehaltsunterschieden und „vergoldeten“ Pensionsanwartschaften auf. Für alle die „vielen Leute, die sich fragen, wem, welcher Institution dürfen wir eigentlich noch trauen?“ hätte es dem Ministerpräsidenten gut angestanden, sich an seine Worte zum 10-jährigen Bestehen des Oberlandesgerichts Brandenburg vom letzten Jahr zu erinnern: „Am 1. Dezember 1993 war der Aufbau der Justiz in Brandenburg abgeschlossen. Die Strukturen für eine funktionierende Gerichtsbarkeit haben sich bewährt und die Menschen im Lande wissen, dass sie auf eine unabhängige Rechtsprechung vertrauen können.“ Es ist unstrittig, dass die Wertschätzung brandenburgischer Rechtsprechung wesentlich dem Wirken von Peter Macke zu danken ist. 1991 vom damaligen Justizminister Bräutigam gerufen, eine gesicherte Karriere als einer der Obersten Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe aufgegeben und im Aufbaustab die Justiz des Landes in einem für die neuen Bundesländer wohl einmaligen Balanceakt für das neuen Rechtssystem erfolgreich vorbereitet – Macke begleitete diesen Prozess, der eine Selbstreinigung der Ostjustiz von belastetem Personal und im gleichen Atemzuge eine kooperative Einbindung der notwendigen westlichen „Aufbauhelfer“ erforderte, als ein sensibler und stets den Einzelfall gründlich prüfender „Richter durch und durch“. Verglichen mit dem moralisch, nicht rechtlich, angreifbaren Bezug von 2800 Euro Trennungsgeld stellt sich heute eher die Kompliziertheit, Konzeptionslosigkeit und Unübersichtlichkeit von Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien, die von der Politik zu verantworten sind, dem Bürger als Zerrbild der Rechtsordnung dar. Wenn unter diesen Umständen ausgerechnet von PDS-Landespolitikern wie Bisky das "...Land am Rande einer Staatskrise..." gesehen wird oder der Begriff Recht gegen den Begriff Moral gesetzt wird, wie vom Grünen-Wahlkämpfer Wieland, dessen Partei moralische Größe bei der Befürwortung von Kriegseinsätzen der Bundeswehr bewiesen hat, kann man die persönliche Verbitterung von Peter Macke verstehen. Jürgen Saupe, Potsdam

Jürgen Saupe

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