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Lesermeinung: Gute Bedingungen in der Aue

Zu: „Sparen in der Psychiatrie. Klinikum ’Ernst von Bergmann’: Brisantes Gesprächsprotokoll aufgetaucht“, PNN vom 31.

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Zu: „Sparen in der Psychiatrie. Klinikum ’Ernst von Bergmann’: Brisantes Gesprächsprotokoll aufgetaucht“, PNN vom 31.7.2010

Schwer vorstellbar, dass vom Chef eines Klinikums im Jahr 2010 derart herabwürdigende Äußerungen über kranke Menschen gemacht werden. Menschen, die Hilfe und Genesung in seinem Haus finden sollten.

Ich war von 1972 bis 2009 als ambulante Nervenärztin in Babelsberg tätig. Zu sozialistischen Zeiten gab es in Potsdam keine stationären Behandlungsmöglichkeiten für psychisch Kranke, was unsere Arbeit erschwerte und die Patienten mit weiten Wegen zur Klinik nach Brandenburg zusätzlich belastete.

Umso mehr waren wir erfreut, als 1992 hier eine psychiatrische Station geschaffen wurde – zunächst in der Charlottenstraße, was sich aufgrund der Örtlichkeit nicht bewährte. 1997 wurde die Klinik „In der Aue“ eröffnet. Hier fanden und finden psychisch Kranke gute Bedingungen.

Neben den Stationen gibt es eine schöne Tagesklinik, eine hervorragend eingerichtete Beschäftigungstherapie und eine Institutsambulanz. Besonders hervorzuheben ist die Park ähnliche Umgebung, wo unsere Patienten, die üblicherweise nicht im Bett liegen, Möglichkeiten zur Bewegung haben oder im Grünen sitzen können.

Dies alles möchte Herr Grebner nun zur Disposition stellen. „Mitarbeiterzufriedenheit und Versorgungsqualität“ scheinen für ihn Fremdwörter zu sein. Allerdings dürfte auch Herr Grebner darüber informiert sein, dass psychische Erkrankungen und Störungen in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben, insbesondere Angsterkrankungen, Depressionen und Süchte. Leider gehen mit dieser Entwicklung die gesellschaftliche Akzeptanz und die Finanzierung in der Psychiatrie nicht konform. Im Gegenteil: Es wird weiter eingespart und die Bedingungen in der Behandlung verschlechtern sich. Das kann nicht hingenommen werden!

Dr. med.. Gudrun Fischer, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Potsdam

Um Standards in der Versorgung für psychisch Kranke kämpfen!

Der Umzug der psychiatrischen Klinik vom Standort „In der Aue“ in die Innenstadt darf keinesfalls passieren, wenn die Patienten nicht ihre Zwei-Bett-Zimmer, einschließlich Sanitärräume, behalten, einen nicht einsehbaren großen Außenraum erhalten und für jeden Patienten mit psychischer Erkrankung die gleiche Summe Geldes aufgewendet wird, wie für die übrigen Patienten der Klinik. Sind denn die gesetzlichen Bedingungen der Psychiatrie-Reform (PsychKG) hier nicht bekannt? Alle Bürger unserer Stadt müssten jetzt um angemessene Standards in der Versorgung kämpfen – schon aus eigenem Interesse, denn jeder siebte bis achte Bundesbürger braucht im Laufe seines Lebens eine stationäre Aufnahme in einer psychiatrischen Klinik.

Wenn der Artikel den Tatsachen entspricht, schäme ich mich für die Ärzte, die sich bereit finden, einem Krankenhauschef zu folgen, der ärztliche Standards zum Nachteil der (schwächsten) Patienten aufweicht.

Ingeborg Walsemann, Fachärztin für Psychiatrie und ehemalige Klinikleiterin, im Ruhestand, Potsdam

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