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Lesermeinung: Hinterher nicht schlauer

„Potsdamer Kulturarbeit in Gefahr, Podiumsdiskussion“ – so lautete der Titel jener Veranstaltung am 22 Oktober im Waschhaus Potsdam in der Schiffbauergasse. Scheinbar eine gute Gelegenheit den Politikern den Kopf zu waschen.

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„Potsdamer Kulturarbeit in Gefahr, Podiumsdiskussion“ – so lautete der Titel jener Veranstaltung am 22 Oktober im Waschhaus Potsdam in der Schiffbauergasse. Scheinbar eine gute Gelegenheit den Politikern den Kopf zu waschen. Doch es kam anders. Zunächst stellte sich die Frage, ob die Podiumsdiskussion nur aus Grünen Politikern bestand, denn der Raum war voller Wahlwerbung für die Grünen. Obwohl Prof. Dr. Voesgen vom Studiengang Kulturarbeit der FH Potsdam als Moderator betonte, dass das ungewöhnlich hohe Podium nicht den Abstand zwischen Politikern und Volk verdeutlichen solle, waren die Teilnehmer auf dem Podium offenbar sehr darum bemüht auch die bestenfalls 40 Leute „Volk“ nach Kräften zu ignorieren. So war von der Podiumsdiskussion immerhin das Podium vorhanden: Ansonsten nahm Prof. Dr. Voesgen die sechs weiteren Podiumsmitglieder schön der Reihe nach dran, ließ die Teilnehmer unbegrenzt ihr Pensum abspulen, so dass im Prinzip eine Aneinanderreihung von Politikermonologen die Folge war: Saskia Hüneke, Stadtverordnete und Fraktionsvorsitzende der Grünen Potsdam, nutzte ihren Heimvorteil nicht und blieb hinter der Qualität ihrer Werbeflyer deutlich zurück. Angelika Krüger-Leißner, MdB und Mitglied des Kultur- und Medienausschusses, die nach eigener Aussage aber auch etwas von Wirtschaft verstehe, konnte sich ebenso wie Frau Hüneke wenig deutlich positionieren. Derjenige, der seinen Text am besten gelernt hatte, war zweifellos Dr. Wieland Niekisch, kultur- und wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag Brandenburg sowie Kreisvorsitzender der Potsdamer CDU. Nachdem man ihn mit seiner gelb-schwarz-gestreiften Krawatte zunächst für einen Vertreter der Westerwelle-FDP halten konnte, zeigte er sich immerhin wesensverwandt, indem er betonte, dass den Besserverdienenden durch zu hohe Steuern die Möglichkeit genommen werde, Kultur aktiv zu fördern. Er ließ sich aber immerhin zum Schluss durch eine Zuschauerfrage entlocken, dass man für die Subventionen an das Hans Otto Theater die Leute auch zwischen Berlin und Potsdam mit dem Taxi hin- und herkutschieren könne und dabei wahrscheinlich noch billiger weg käme. Die drei Sachverständigen Burkhard Exner, Beigeordneter für Finanzen, Prof. Dr. Jan Hegemann, Rechtsanwalt und Stiftungsrechtsspezialist, und Hajo Cornel, Referatsleiter Grundsatzfragen im Ministerium für Kultur in Brandenburg, sorgten schließlich mit dafür, dass diejenigen im Publikum voll auf ihre Kosten kamen, die schon immer über die genauen Kostenverteilungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen im Kulturbereich informiert werden wollten. Wer aber über die genauen Zielsetzungen der Parteien im Kulturbereich für Potsdam informiert werden wollte, der war allerdings fehl am Platze. Die Stellungnahmen aus dem Publikum fielen allerdings ebenso enttäuschend aus. Jedenfalls gab es genau drei davon: Neben einer Werbung für das Waschhaus und der Ankündigung eines Zuschauers er werde sich jetzt ein Bier holen, war nur eine Frage letztendlich von Belang. Fazit: Wenigstens hatte die Veranstaltung keinen Eintritt gekostet und man war hinterher nicht gerade schlauer, wem man bei der Kommunalwahl seine Stimme geben sollte – zumal überhaupt nur Vertreter dreier Parteien anwesend waren. Jan Fluschnik, Berlin

Jan Fluschnik

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