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Lesermeinung: Hiroshima-Platz: Affront gegen die Alliierten

Zur POSITION: „ Atomwaffen ächten – Legenden in Frage stellen. Bei der Errichtung der Gedenkstätte geht es nicht um die Schuldfrage“, 2.

Stand:

Zur POSITION: „ Atomwaffen ächten – Legenden in Frage stellen. Bei der Errichtung der Gedenkstätte geht es nicht um die Schuldfrage“, 2.7. 2010

Im Sommer 1945 eröffneten die Alliierten mit Ihren Potsdamer Beschlüssen dem deutschen Volk den Rückweg in die Weltzivilisation und die ersten Schritte zu einem intelligenten Frieden mit Deutschland. Im Sommer 2010 wird vor der damaligen Residenz des amerikanischen Präsidenten ein Hiroshima-Platz und Denkmal eingeweiht. Ich halte Ort und Zeitpunkt für ein sehr unfreundliches Signal für eine gute Sache. Ich achte das Anliegen, in Potsdam an das Kriegsschicksal Hiroshimas zu erinnern. Der Verein Hiroshima-Platz Potsdam e.V. unterstützt damit die Vereinten Nationen, die USA und Russland für ihren Einsatz für den Erhalt der Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen und für nukleare Abrüstung durch Rüstungskontrolle. Der Verein übersieht aber, was der amerikanische Präsident im Sommer 1945 sah und bedenken musste. Der Präsident und seine Alliierten wehrten sich gegen einen Vernichtungskrieg, den Deutschland und Japan gegen die Weltzivilisation führten. Er sah die Opfer dieser unmenschlichen Kriegsführung in Asien und Europa. Er sah den Blutrausch von Nanking. In wenigen Tagen ermordeten japanische Soldaten 300 000 Einwohner der provisorischen chinesischen Hauptstadt. Der Präsident sah die japanische Zwangsprostitution. 200 000 junge Koreanerinnen wurden verschleppt und gedemütigt. Tausende Chinesinnen, Philippinas, Indonesierinnen und im damaligen Niederländisch-Ostindien lebende Holländerinnen wurden missbraucht. Der Verein übersieht, dass der Präsident von seiner Babelsberger Residenz aus, am 25. Juli Japan aufforderte, den Vernichtungskrieg zu beenden. Ich bedaure, dass ich die Mitglieder des Kulturausschusses nicht davon abhalten konnte, den namenlosen Platz vor der Residenz des amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman, Hiroshima-Platz zu nennen und ein Denkmal aufzustellen. Ich wende mich gegen die Wahl des Ortes und den Zeitpunkt. Beides ist ein ungerechter Affront gegen die Alliierten des zweiten Weltkrieges. Ein geeigneter Ort für das Gedenken an die Opfer von Hiroshima und Nagasaki ist in unserer Stadt schon gefunden: Am Bahnhof Griebnitzsee stehen seit Jahren japanischen Kirschbäume und ein kleiner Gedenkstein, die erinnern und mahnen.

Jens Franke, Potsdam

In Tokio werden die Täter öffentlich verehrt

Kritik wird an der in Deutschland unüblichen, in Japan aber fast „selbstverständlichen“ Einseitigkeit geübt, mit der das eigene Schicksal beklagt, die vorangegangene eigene Schuld aber übersehen wird. Der Krieg Japans gegen Amerika wurde durch den Terrorüberfall auf die amerikanische Flotte in der Bucht von Pearl Harbour begonnen – er hatte vorher gegen China und Korea gewütet, später kamen Indonesien, die malaiische Halbinsel und die Philippinen dazu. Das Benehmen der Japaner in den besetzten Gebieten widersprach allen völkerrechtlichen Regeln. Wir Deutschen in Ost und West erkannten unsere Schuld zur Zeit des 2. Weltkrieges in einem langen Prozess allmählich immer deutlicher. So können wir heute mit unseren Nachbarn in Ost und West, die beide einmal „Erbfeinde“ waren, in Frieden und Freundschaft leben. Die meisten Japaner, und vor allem auch ihre Regierungen, haben seit dem für Japan dann so schrecklichen Kriegsende dagegen keinerlei eigene Schuld erkannt, keine Bemühungen unternommen, um im Rahmen der eigenen Möglichkeiten materiell - zum Beispiel den in die Prostitution gezwungenen koreanischen Frauen – Entschädigung zu leisten. Sie sind in ihrer großen Mehrheit zu keiner Zeit daran interessiert gewesen, mit ihren früher unterdrückten Nachbarn über ihre eigene Mitschuld zu reden und Versöhnung zu erbitten. Im Gegenteil: Die Erinnerung an die Kriegs- und Terrorverantwortlichen wird in einer von vielen Japanern besuchten Kultstätte im Herzen Tokios wach gehalten, die Täter öffentlich verehrt. Das enttäuscht eben alle diese Nachbarn, die wohl wenig Verständnis dafür aufbringen werden, wenn nun auch noch wir Deutschen einseitig nur das Schicksal der Japaner in den letzten Tagen des Krieges beklagen. Immerhin haben die Entscheidungen Trumans in jener Potsdamer Villa und diese schrecklichen Bomben den Krieg sehr schnell beendet, und so vielen anderen Menschen in den zu dieser Zeit noch besetzten Nachbarländern, sehr vielen am Krieg unmittelbar beteiligten Japanern und Amerikanern das Leben gerettet. Die Zahl dieser durch die Bomben Geretteten ist leider nicht rekonstruierbar. Diese Gedanken fehlen in dem Text der Gedenktafel; deshalb wirkt er als ein einseitiger Angriff auf das Ansehen Trumans. Den Platz nach Hiroshima zu benennen war ein guter und wertvoller Gedanke, das notwendige Gedenken wird erst durch diese Tafel verantwortungslos verkürzt. Ob man den Text heute noch beeinflussen kann, bleibt eine Frage an die dafür Verantwortlichen in Stadt und Land.

Walter Sylten, Berlin

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