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Lesermeinung: Innen nach außen?

Leserbrief „Schloss und Verkehr“, 22.1.

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Leserbrief „Schloss und Verkehr“, 22.1.

Der Brief ist ein Beispiel für die allgemeine Begriffsverwirrung. „Architektur muss von innen nach außen wachsen“ – was soll das heißen? Ist damit gemeint, dass man außen sehen muss, was drinnen steckt? Die hohe Kunst historischer Architektur war, dass mit dem ihr eigenen Vokabular ein Bauwerk präzise erklärt wurde. Die Fassaden des Potsdamer Stadtschlosses machten unmissverständlich klar, wo die wichtigsten Funktionen waren und welchen Anspruch und welches Selbstverständnis der Bauherr hatte. Es spricht nichts dagegen, die wichtigsten Funktionen des Landtags nach außen mit der historischen architektonischen Systematik anschaulich zu machen. Das wirkt unmittelbar verständlicher als die abstrakten Formen der Moderne Es ist auch nicht „absurd“, in „heutiger Zeit in der Architektursprache früherer Jahrhunderte zu entwerfen“. Rekonstruktionen sind ein uraltes architektonisches Thema der europäischen Zivilisation. Der Artemis-Tempel in Ephesos ist mehrfach wiederaufgebaut worden. Es stimmt zumTeil, dass unsere Baukünstler Rekonstruktionen ablehnen. Aber für ein Landtagsgebäude sollte nicht nur ein Berufsstand mit Tendenz zur Selbstverwirklichung gefragt werden. Sanssouci, die modernisierte Neue Nationalgalerie und das Alte Museum, sind übrigens auch eine Verneigung vor Geist und Form einer Antike, die damals schon 2000 Jahre vergangen war. Und was das unterstellte Verkehrshindernis Schloss anlangt: In den 50er Jahren sollten die Schlösser von Mannheim, Berlin-Charlottenburg, Bruchsal und Stuttgart für Straßenbauten abgerissen werden. Bürgerproteste haben das verhindert und dort hat man es auch geschafft, drumherum zu planen.

Dr. Hans-Joachim Kuke, Verein Potsdamer Stadtschloss e.V.

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