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Lesermeinung: „Jedes Gefühl für Anstand verloren“

„E-Mail-Affäre: Vorwürfe bestätigt CDU-Bericht sieht Datenschutz-Verstöße“, 19. September und laufende BerichterstattungUnglaublich!

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„E-Mail-Affäre: Vorwürfe bestätigt CDU-Bericht sieht Datenschutz-Verstöße“, 19. September und laufende Berichterstattung

Unglaublich! Da spioniert ein Spitzenfunktionär der CDU Brandenburg die „Parteifreunde“ systematisch aus und in dem Moment, in dem er entdeckt wird, zieht er sich nicht schamvoll zurück, sondern bewirbt sich um den Landesvorsitz.

Ein Teil der Partei unterstützt ihn noch. Man möchte meinen, hier ist jedes Gefühl für Anstand verloren gegangen. Das Brief- und Fernmeldegeheimnis gehört nicht umsonst zu den „ewigen“ Artikeln unserer Verfassung. Es leitet sich direkt ab aus dem Begriff der „Würde des Menschen“, wie unsere Verfassung ihn versteht und auf den sie alle staatliche Gewalt verpflichtet.

Ein Verstoß gegen dieses Grundrecht ist kein Kavaliersdelikt, vielmehr lässt er tief blicken auf das Menschenbild desjenigen, der es missachtet. Hier wird der Mensch vom Subjekt mit Würde, deren Schutz im Zentrum aller staatlichen Gewalt steht, zum Objekt, über das man nach belieben verfügen kann.

Wer ein solches Menschenbild zur Grundlage seines Handelns macht, ist ungeeignet, öffentliche Ämter in unserem Gemeinwesen zu bekleiden. Dass darüber kein Konsens herrscht, ist das eigentlich empörende am „E-Mail-Skandal“ der CDU Brandenburg. Mir macht solche erkennbare Menschenverachtung, verbunden mit potentieller Macht, Angst. Auf die Menschen kommt es an, und selten hat sich jemand so deutlich selbst disqualifiziert wie Herr Petke.

Der Vorgang zeigt darüber hinaus in erschreckendem Maße, wie tief die Zerrüttung des moralischen Fundaments der CDU Brandenburg in Wirklichkeit ist, und wie weite Kreise innerhalb der Parteiorganisation davon betroffen sind. Dass dies am Ende der Ära Schönbohm bilanziert werden muss, entbehrt nicht einer gewissen Tragik. War es doch Jörg Schönbohm, der sich persönlich durch eine deutlich sichtbare Werteverankerung und Kantigkeit wohltuend vom restlichen politischen Personal dieser Tage abhob.

Stefan Overkamp, Teltow

Peinliches Geschwätz

Oft habe ich CDU gewählt, doch was diese angeblich christliche Partei in Brandenburg derzeit an unchristlichem Hickhack in ihrer Führungsriege so bietet, enttäuscht mich maßlos.

So las ich kopfschüttelnd, wie Sven Petke nach seinem Rauswurf, sich tags darauf zum „Erneuerer“ der CDU aufschwang und den Generationswechsel anmahnte. Sein Redestil, gespickt mit gestanzten Worthülsen, und sein lockerer Umgang mit vertraulichen Daten – was fatal an Methoden aus DDR-Zeiten erinnert – sind einfach nur peinlich. Und nicht weniger peinlich ist auch das Geschwätz jener, die nun meinen, ihm spontan und lauthals applaudieren zu müssen, ohne Kenntnis der Fakten und ohne abzuwarten, was die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ans Licht bringen.

Besonders enttäuscht bin ich vom Kreisverband Potsdam-Mittelmark. Von der CDU-Kreischefin Saskia Funck, die für ihre Karriere nach Erfahrungen eigener Mitglieder aus ihrem Umfeld vor allem die Ellenbogen einzusetzen weiß, hätte ich nicht viel Nachdenklichkeit erwartet. Anders bei Werner Große, der für seine Stadt wahrlich Großes geleistet hat und nun als übereifriger „Klakeur“ dasteht.

So ist es ebenfalls höchst peinlich, wenn er von einem „hergelaufenen Internet-Unternehmer“ redet (PNN, 27. September), der „irgendwelche Geschichten“ in die Welt gesetzt habe, aus der einige CDU-Leute dann eine Affäre bastelten. Man muss Herrn Große leider daran erinnern, dass jener „Hergelaufene“ immerhin zuerst von der Bundestagsabgeordneten und Petke-Ehefrau Katarina Reiche mit offenen Armen als Mitarbeiter empfangen und dann mit besten Empfehlungen an Petke weitergereicht wurde. Auch wenn andere CDU-Mitglieder von einer „dubiosen Figur“ schwafeln, ist das ebenso lächerlich.

Wer solchen Meinungen zustimmt, sagt gleichzeitig, dass dubiose und hergelaufene Figuren in der CDU Brandenburg beste Aufstiegschancen haben. Wenn es nicht so traurig wäre, würde ich sagen: Selten so gelacht.

Heinz Berger, Potsdam

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