Lesermeinung: „Meine Empörung findet keine Worte“
Zum Kommentar „Zerredet. Über den Umgang mit Hasso Plattner“, 5.
Stand:
Zum Kommentar „Zerredet. Über den Umgang mit Hasso Plattner“, 5.7.
Ich bin sehr erfreut über den klaren und klärenden Beitrag. Wer den Mäzen als „Sponsor-Plattner“ oder „Milliardär- Plattner“ bezeichnet, vergisst, dass Herr Plattner vor allem ein Mensch ist – allerdings ein erfolgreicher. Man scheint bei den Schreibern dieser Attribute eine gehörige Portion Neid zu fühlen. Nur gut, dass Herr Plattner seine Galerie als eigene Angelegenheit deutlich gemacht hat und auf eigenem Grund bauen lassen will. Man stelle sich die endlosen, allseits dümmlichen Diskussionen über die Architektur der Kunsthalle am Standort des „Interklotzes“ vor. Spätestens dann hätte Herr Plattner vermutlich das Handtuch geworfen.
Karl-Otto Eschrich, Potsdam
Vor den Kopf gestoßen
Dass über ein so außerordentliches Projekt geredet wird, ist klar. Dass es viele Wichtigtuer gibt, die alles zerreden, kritisieren, „besser“ wissen – das ist menschlich. Mein Eindruck: Herr Plattner ist eitel und empfindlich. Das ganze verbale Geklapper könnte ihm doch von Herzen „wurscht“ sein. Der Standort anstelle des Mercure wäre ein Standort für alle Menschen hier gewesen. Das sollte ihm wichtig sein! Ich könnte jetzt viele bedeutende Bauwerke der abendländischen Kultur aufzählen, die nie realisiert worden wären, wenn (verletzte) persönliche Befindlichkeiten ausschlaggebend gewesen wären. Einem echten Mäzen geht es niemals um sich selbst, sondern nur um die Sache.
Ich habe den Eindruck, dass Herr Plattner uns alle mit seinem Rückzug „strafen“ will (psychologisch gesehen). Es ist ihm gelungen: Ich als Bürger Potsdams fühle mich vor den Kopf gestoßen. Danke für Ihren Artikel!
Alexander Untschi, Potsdam
Von Verantwortlichen im Stich gelassen
Ich kann den Schritt, aus Sicht von Herrn Plattner, verstehen. Ich bin empört, dass man ihn vonseiten der Verantwortlichen so im Stich gelassen hat. Nach den erfolgten Abstimmungen ist es mir unverständlich, dass wiederum Oberbürgermeister und Ministerpräsident unfähig sind, den Willen der Potsdamer Mehrheit durchsetzen zu können. Wissen die Verantwortlichen wirklich zu schätzen, was sie mit der Kunsthalle am Standort Mitte für Potsdam hätten tun können? Meine Empörung findet keine Worte.
Erna Moskal, Potsdam
Hasso-Plattner-Stadt
Ich begrüße es ausdrücklich, dass Herr Plattner mit seinem Privatbau, der seine Privatsammlung enthalten soll, auf seinen Campus am Jungfernsee ausweicht. Das passt zusammen. Dasselbe am Interhotel-Standort würde bedeuten: Potsdam wird vollends zur Hasso-Plattner-Stadt.
Bernd-Reiner Paulke, Potsdam
Kunsthalle am Jungfernsee? Es gibt keinen besseren Standort.
Eine Kunsthalle am Jungfernsee, an der Stadtgrenze zu Berlin, nahe der Glienicker Brücke und der Villa Schöningen mit wechselnden Ausstellungen – gibt es einen besseren Standort dafür? Aus objektiven Gründen sicher nicht. Es sei denn, man versucht das Projekt als Vehikel für den Abriss eines anderen Gebäudes zu missbrauchen. Zugegeben, das Hotel Mercure erinnert mich an andere auch nicht besonders gelungene Hotels an der Ostsee, zum Beispiel das Hotel Maritim am Timmendorfer Strand oder das Hotel Maritim in Travemünde. Alles abreißen? Mir war schon klar, dass das Thema „Mercure“ auf den Tisch kommt. Ich hatte allerdings damit frühestens ein Jahr nach der Eröffnung des Landtages gerechnet. Mit einer klugen Politik und vernünftigen Argumenten lassen sich die Potsdamer bestimmt überzeugen.
Herbert Heider, Potsdam
Kunstinteressierte von außerhalb fahren lieber an den Stadtrand
Wenn ich als Maurer die Tendenz heute so betrachte, geht unsere Gesellschaft in Richtung vorgestern. Ich sehe, wie Geldleute hier Entscheidungen beeinflussen wollen. Ich halte mehr von Menschen, die täglich ihrer ehrlichen und aufopferungsvollen Arbeit nachgehen und christlich bescheiden bleiben. Dem Herrn Plattner ist der Standort egal – und das ist gut so. Warum soll eine Kunsthalle nicht am Stadtrand stehen? Ich selbst und viele andere Kunstinteressierte von außerhalb fahren nicht gerne in das Stadtzentrum. Ich denke dabei auch an die ältere Generation.
Horst Brüssow, Beeskow
„Elefant im Porzellanladen“
Aus eigenem Erleben weiß ich, dass Hasso Plattner leider nicht nur eine „Schokoladenseite“ auszeichnet. In Potsdam hat er 2001 beim Wettbewerb im Potsdamer Norden, der vom Entwicklungsträger Bornstedter Feld veranstaltet wurde, eine Stadtwunde gerissen, die noch bis heute nachwirkt, und damals eine ziemlich hässliche „Brache“ am Jungfernsee hinterlassen – anstelle des versprochenen Forschungscampus á la Silikon Valley. Schon damals hatte er sich, mit dem damaligen Oberbürgermeister Matthias Platzeck im Fahrwasser, gegenüber Jury und deren Mitglieder – sagen wir es diplomatisch – wie ein „Elefant im Porzellanladen“ und als „besserer Stadtplaner“ und eigentlicher „Bestimmer“ aufgeführt.
Jörn Dargel (Stadtplaner), Berlin
Das Mercure als Gesamtkunstwerk
Nun also doch: Jungfernsee statt Lustgarten. Wenn das Triumpfgeheul der einen und die Enttäuschung der anderen abgeklungen sind, kann die Zeit des Nachdenkens beginnen. Was war falsch gelaufen, wie konnte aus dem Geschenk ein Streitfall werden? Vielleicht weil es ein Geschenk von außen war und zuvor nicht geklärt wurde, wie notwendig eine Kunsthalle ist und was sie zeigen soll.
Nun eröffnen sich neue Perspektiven. Da der Siebzehnstöcker weiterhin seinen Platz behauptet, sollte darüber nachgedacht werden, ob nicht eine Etage für ein Kunstmuseum dort Platz finden könnte.
Dieser Bau ist schon wegen seiner kunstvoll installierten Abhörtechnik ein Gesamtkunstwerk. Jetzt ist die Chance da, sich kritisch damit auseinanderzusetzen. Zusammen mit der Kunsthalle am Jungfernsee wären dann zwei Positionen unserer neueren Geschichte zur Diskussion gestellt.
Peter Vogel (Galerist), Potsdam
An Schönheiten der Stadt erfreuen dürfen
Über der Stadt Potsdam liegt ein Fluch – verursacht von den Ewiggestrigen. Sie wollen bis heute nicht verstehen, dass nach der Wende eine Zeit angebrochen ist, in der die Menschen hier in Potsdam wieder ohne Angst leben und sich in Freiheit an den Schönheiten der Stadt erfreuen dürfen. Als gebürtige Potsdamerin, die viel Leid durch die DDR erfahren hat, wünsche ich mir, dass die Politiker sich deutlich und mutig für die Kunsthalle einsetzen, damit Potsdam endlich als eine der schönsten Städte in Europa angesehen werden kann. Damit wäre auch den Menschen in der Stadt gedient, die vom Tourismus leben.
Maria von Pawelsz-Wolf, Potsdam
Ausdruck der Befindlichkeit
Das Festhalten am Mercure, das architektonisch durchschnittlich ist, ist Ausdruck der Befindlichkeit vieler Ostdeutscher aufgrund des Umgangs mit ihnen nach der Wende und bis heute.
Gundolf Heitzik, Potsdam
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