Lesermeinung: Parkprobleme (2): Die Freiheit der Hundehalter & die Schutzbedürfnisse der Sichtachsen
Hunde am Heiligen See Freiheit ist ein großer Wert und jeder versteht etwas anderes darunter. Die Menschen, die mit ihren Hunden am Heiligen See spazieren gehen, haben darüber untereinander keine Meinungsverschiedenheiten.
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Hunde am Heiligen See Freiheit ist ein großer Wert und jeder versteht etwas anderes darunter. Die Menschen, die mit ihren Hunden am Heiligen See spazieren gehen, haben darüber untereinander keine Meinungsverschiedenheiten. Freiheit - das ist für diese, die Abwesenheit der Hundeleine. Und so laufen viele Hunde leinenlos dahin. Obwohl die Parkordnung vorsieht, dass Hunde nur angeleint durch den Park zu führen sind. Aber was bedeuten Parkordnungen angesichts der Hundefreiheit? Es ist völlig aussichtslos, dagegen nur irgendein Argument zu führen. Im Nu ist man ein Anhänger jedweder Tyrannei. Schlimmer noch. Man offenbart, dem Hunde, als beseelte und äußerst mobile Natur, Beschränkungen auferlegen zu wollen, die letztendlich seine Existenz bedrohen. Ich führe einen Hund neben mir - an der Leine. Dessen Existenz wäre ohne Leine ziemlich gefährdet. Sie ist eine alte Hundedame und stocktaub. Wenn ich sie nicht anleine, fällt sie in ihren alten Laufschritt und marschiert los. Sie ist also angeleint und das bedeutet, dass am Heiligen See Hund nebst Halterin, mehr oder weniger zufällig, der Parkordnung Genüge tun. Aber es geht mir nicht darum, meine ordnungsgemäße Haltung zu entschuldigen. Vielmehr geht es mir gehörig auf die Nerven, dass ich mich und meinen Hund der belästigenden freien Hunde erwehren muss. Jeder kleine Spaziergang wird nicht nur wegen der ideologischen Auseinandersetzung zu einem Spießrutenlauf, sondern auch deshalb, weil dauernd einer ankommt. Herrchen oder Frauchen - mal freundlich, mal unfreundlich - die meinen, ihr Hund wolle doch nur spielen und so weiter. Ich aber will nicht mit anderer Leute Hunde spielen müssen. Aber jetzt kommt das Eigentliche! Auch auf meine freundliche Bitte, die Hunde anzuleinen, hagelt es Beschimpfungen, Beleidigungen oder eben aufklärende Belehrungen über die Bedeutung von Freiheit. Bei mir geht es da noch philosophisch zu, aber die Parkwächter erzählten, dass sie sogar tätlich angegriffen werden. Beschimpft werden sie natürlich auch. Sie repräsentieren ja den Freiheitsgegner als solchen. Dabei machen sie sehr freundlich ihren Job und stehen überdies jeden Tag, auch hinsichtlich der Fahrradfahrer, auf verlorenem Posten. Ich möchte das nicht machen. Und das ist das Gemeinste an den hundemäßigen Verhältnissen am Heiligen See. Die freien Hundehalter messen mit ungerechtem Maß: Die Menschenwürde der Parkwächter wird bedenkenlos angegriffen, um die Freiheit des Hundes durchzusetzen. Da stimmt was nicht. Irgendwas stimmt da nicht. Letztlich empfahl mir ein freier Hundehalter: „Gehen Sie doch im Park von Sanssouci mit ihrem Hund spazieren. Da sind alle angeleint.“ Ich und mein Hund wären jedoch auch gerne am Heiligen See sorglos. Heike Schefer-Donau, Potsdam Zu: „Stiftung begründet Pflege“ Seit Wochen dauert in der öffentlichen Diskussion die Auseinandersetzung um Pflegearbeiten im Babelsberger Park an und wird nun hoffentlich bald einem sachgerechten Abschluss zugeführt. Durch die UNESCO-Urkunde vom 12. Dezember 1990 wurden „the Palace and parks of Potsdam and Berlin“ in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen. Ein Teil davon war und ist - und wird es hoffentlich lange bleiben - der Babelsberger Park. Ausgangspunkt für diese Auszeichnung war nicht etwa das Vorhandensein eines Biotops , sondern die Einzigartigkeit der gärtnerischen Kunstwerke. In Potsdam meint das UNESCO-Weltkulturerbe, das Zusammenspiel zwischen historisch-architektonischen Schlösserbau, eingebettet in der von Menschenhand (Lénne, Pückler) geschaffenen Parklandschaft. Zu Recht meint die UNESCO es ernst mit den Schutzbedürfnissen von Panorama und Sichtachsen. Ein Blick zum Weltkulturerbe „Kölner Dom“ und der städtebauliche Diskurs über die Hochhausbauten im Stadtpanorama lassen dort die Potsdamer Diskussionen um einzelne Baumpositionen zur Provinz-Posse werden. Die aktuelle Ausstellung „Preussisch Grün“ dient der Verdeutlichung der diskutierten Potsdamer Verhältnisse an Hand der gärtnerischen Arbeiten von 1961 bis heute. Die sehr empfehlenswerte, breit angelegte Ausstellung lässt auch die besondere Problematik der Pflege im Babelsberger Park deutlich werden: Nach dem Mauerbau entwickelte sich die Flora zu einem Wildwuchs, der das Kunstwerk kaum noch erahnen ließ. In relativ kurzer Zeit gelang es der Gartendirektion, das durch die Grenzanlagen zerstörte Kunstwerk wieder herzustellen. Zu dessen prägnanten Besonderheiten gehören eben auch die für die Potsdamer Parklandschaft so charakteristischen Sichtachsen. Diese schnelle Wiederherstellung führte dazu, dass zunächst eine Überzahl von jungen Bäumen und Sträuchern gepflanzt und große und alte Bäume vorläufig besonders sparsam ausgeholzt werden mussten, um möglichst schnell das historische Schloss in Komposition mit der umgebenden Parklandschaft wieder sichtbar werden zu lassen. Diese Vorgehensweise hat zur Folge, dass jetzt - insbesondere zur Herstellung der noch nicht wieder vollständigen Sichtachsen - die noch stehen gelassenen Bäume gefällt werden müssen. Dementsprechend müssen die in Überzahl gepflanzten Bäume gefällt werden und die in Überzahl gepflanzten jungen Bäume und Sträucher, die sich durch ihr Wachstum mehr als verdoppelt haben, erheblich ausgelichtet werden. Das weiß ein jeder Gärtner. Bei all diesen Vorhaben geht es bei der Arbeit der Gartendirektion nicht etwa um ein Abwägen von Gartengestaltung gegen Tier- oder Naturschutz. Denn statt des zu fällenden Baumes wird keine sechsspurige Autobahn-Trasse gebaut. Vielmehr ist die mit der von der UNESCO ausgesprochenen Auszeichnung verbundene Verpflichtung zu erfüllen: Das Weltkulturerbe so zu erhalten, dass eine Weitergabe desselben an künftige Generationen gesichert ist. Die Erfüllung dieser Verpflichtung sollten die Diskutanten und Spiegelfechter gerade auch im Hinblick auf die Bewerbung Potsdams als Kulturhauptstadt in den Fokus nehmen. Wer heute den Babelsberger Park besucht, kann sich kaum noch vorstellen, dass hier einmal die Mauer und Todesstreifen verliefen. Es war ein weitschauender Bürger, der an die Mauer den Satz schrieb: „Wer nicht will, dass sich die Welt ändert, will nicht, dass sie so bleibt wie sie ist.“ Lutz Prüfer, Potsdam
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