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Lesermeinung: Plagiatsvorwurf mit Zeitbegrenzung und als schwierige Aufgabe

Zum Plagiatsvorwurf gegen Bundesbildungsministerin Annette SchavanBei der Bewertung sollten mehrere Gesichtspunkte auseinandergehalten werden: Ob eine wissenschaftliche Arbeit insgesamt oder teilweise ein Plagiat ist, kann ohne jede zeitliche Begrenzung festgestellt werden. Das ist Teil des freien wissenschaftlichen Diskurses.

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Zum Plagiatsvorwurf gegen Bundesbildungsministerin Annette Schavan

Bei der Bewertung sollten mehrere Gesichtspunkte auseinandergehalten werden: Ob eine wissenschaftliche Arbeit insgesamt oder teilweise ein Plagiat ist, kann ohne jede zeitliche Begrenzung festgestellt werden. Das ist Teil des freien wissenschaftlichen Diskurses. Eine andere Frage ist, ob ein Verstoß gegen eine Prüfungsordnung ohne jede zeitliche Begrenzung geahndet werden kann. Das Promotionsverfahren ist eine wissenschaftliche Prüfung. Für das Verfahren gilt die Promotionsordnung der jeweiligen Fakultät. Auch für Verstöße gegen diese Ordnung muss gelten, dass nach Ablauf langer Zeit Rechtsfrieden und Rechtssicherheit einkehren. Das gebietet das Rechtsstaatsprinzip.

Über den Zeitraum mag man streiten. Aber dass nach über 30 Jahren Prüfungsleistungen noch annulliert werden können, sprengt den Rahmen. Davon ist schließlich zu trennen, ob ein Minister, der dem Ressort Forschung vorsteht, politisch zu halten ist, wenn feststeht, dass er als Forscher wissenschaftliche Standards in gravierender Weise verletzt hat. Über die Vertrauenswürdigkeit eines Ministers zu entscheiden, unterliegt der politischen Bewertung. Über die Verletzung wissenschaftlicher Standards zu entscheiden, unterliegt dem Urteil Fachkundiger.

Detlev W. Belling, Professor für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht, Potsdam

Zu: „Plagiatsjäger wollen auch Wankas Doktorarbeit prüfen“, 11.2. 

Da hat sich der selbsternannte Plagiatjäger und Gründer des Recherchenetzwerks „VroniPlag“, Martin Heidingsfelder, ein schönes Stück Arbeit vorgenommen. Denn anders als bei seinen Erfolgen zuvor hat er es diesmal mit einer naturwissenschaftlichen Arbeit zu tun, und das noch von der schwierigsten Sorte. Denn als diplomierte Mathematikerin hat Johanna Wanka 1980 über die „Lösung von Kontakt- und Steuerproblemen mit potentialtheoretischen Mitteln“ promoviert. Und auch wer sich in den Grundzügen Höherer Mathematik ein wenig auskennt, würde sicher bei dieser Arbeit wie das berühmte Schwein ins Uhrwerk blicken. Denn allein schon die Definition der als mathematisches Mittel angeführten Potentialtheorie verspricht viel Freude beim Lesen der Arbeit.

Winfried Gutzeit, Potsdam

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