Lesermeinung: Potsdamer Bibliothek: „Wahrung persönlicher Interessen“?
Zu: „Ein ’Desaster’ für die nächsten 50 Jahre. Baubeigeordneter rechnet in einer privaten E-Mail zur Bibliothekssanierung mit Stadtspitze und Politik ab 17.
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Zu: „Ein ’Desaster’ für die nächsten 50 Jahre. Baubeigeordneter rechnet in einer privaten E-Mail zur Bibliothekssanierung mit Stadtspitze und Politik ab 17.02. 2010
Ich danke Herrn Klipp für die klaren Worte! Wer jetzt aufschreit oder neue Maulkörbe verteilen will, der hat nur Angst vor der Wahrheit. Es ist nämlich genauso wie Herr Klipp es beschreibt. Falls er jetzt noch mehr zurückgepfiffen oder abgemahnt werden sollte, bin ich der Erste, der auf die Straße geht. Wer die Politikverdrossenheit der Bürger nicht noch fördern will, sollte sich in einer Demokratie mit der Verteilung von Maulkörben zurückhalten. Wir leben im Jahre 2010 und die DDR gibt es nicht mehr! Um das Farcenhafte der Bibliotheks-Fassaden-Präsentation am 12. Februar zu unterstreichen: Herr Becker zeigt uns Visualisierungen seines Entwurfes im städtebaulichen Kontext, die einfach falsch sind. Er stellt die vorhandene Bebauung in der Friedrich-Ebert-Straße höher dar als in der Realität, hängt links und rechts an die Bibliothek fünfstöckige Häuser, obwohl dort laut Planungswerkstatt höchstens viergeschossige Bauten entstehen sollen. Auf Deutsch: Er verfälscht, um die Massivität des Bibliothekskubus zu kaschieren. Glaubt Herr Becker ernsthaft, niemand bemerke das?
Und ist es nicht überhaupt eigenartig, dass Herr Becker auch noch mit dem Bau des Potsdam-Museums beauftragt ist? Ist er so brillant, dass er für zwei so große Potsdamer Bauaufgaben in Frage kommt? Oder schustert sich hier irgendeine „Toskana-Fraktion“ nur die Aufträge zu? Dann gibt der (sicherlich nicht billig) eingekaufte Fachmann Falk Jäger dem Architekten und unserer Kulturbeigeordneten Schützenhilfe und versucht den Entwurf schönzureden, obwohl er nicht „von Libeskind“ sei.
Frau Magdowski, die einmal öffentlich zugab, bei ihrem ersten touristischen Besuch in Potsdam habe sie beim Anblick der Bibliothek nur an Abriss denken können, kommt mit der Finanzierungskeule und sagt, so werde es gemacht – basta! Sie führt sogar noch die geplante Stuttgarter Bibliothek als gutes Beispiel an: eine monströse, menschenverachtende Monumentalarchitektur. Überhaupt ging es in der ganzen Debatte nicht um Städtebau oder Architektur. Es ging um die Wahrung persönlicher Interessen. Die Atmosphäre war so aufgeladen und ideologisch verseucht, dass man fast die Lust verliert, sich für Potsdams Mitte einzusetzen. Man fühlte sich wie auf einer Politbüro-Sitzung. Wann fangen wir in unserer Stadt endlich an, über die Sache zu streiten? Wann treffen wir endlich Entscheidungen, die wir auch in hundert Jahren nicht bereuen werden?
Jörg Hartmann, Potsdam
Bitte, hartnäckig bleiben!
Wirbel um Potsdams Baubeigeordneten Matthias Klipp ? Wohl eher Wirbel um eine Art von Bauplanung, die in Potsdam offenbar Tradition aber hoffentlich perspektivisch keine Zukunft hat: intransparent, einseitig und unausgewogen. „Maulkorb“? „Tagebuch schreiben“? Im Jahr 2010 sollten wir wahrlich weiter sein, Fragen und konstruktive Kritik als Hilfestellung sehen und endlich dafür sorgen, Sachfragen (die hier ebenso zahlreich wie berechtigt von Matthias Klipp genannt werden) zu klären statt zu verbieten – ganz im wörtlichen Sinne von „Öffentlicher Verwaltung“! Herzlichen Dank Herr Klipp, bitte hartnäckig bleiben!
Martin Eggers, Potsdam
Klipp will nur dort Bürgerbeteiligung, wo sie seinen Ansichten, entspricht
Die E-Mail von Herrn Klipp ist verblüffend: Zum einen sollten unser neuer Beigeordneter und auch „Mitteschön“ endlich zur Kenntnis nehmen, dass in dieser Stadt Entscheidungen von den Stadtverordneten gefällt werden und von niemand anderem sonst. Somit ist die Veranstaltung „Potsdamer Mitte im Dialog“ auch kein verlängerter Bauausschuss sondern eine Informations- und Diskussionsveranstaltung für Bürger, deren Ergebnisse in die Arbeit und die Entscheidungen der Stadtverordneten einfließen können, aber nicht müssen.
Wer also Änderungen herbeiführen will, sollte seine missionarische Arbeit von den Podien und Bühnen medialer Aufmerksamkeit vielleicht eher in die kommunalpolitischen Entscheidungsgremien verlagern, denn dort gehört sie richtigerweise hin. Der Vergleich mit der DDR, in denen solche Diskussionsveranstaltungen sicher nicht stattgefunden hätten, ist nicht nur unpassend, er trägt vielmehr zur gefährlichen Banalisierung der Diktatur bei. Zum anderen sollte Herr Klipp den Mund nicht zu voll nehmen, wenn es um die Beteiligung der Bürger geht: Denn ist es nicht seine Verwaltung, die gerade den Anwohnern der Mangerstraße eine bestimmte Form der Straßensanierung aufoktroyieren möchte – gegen deren in Ausschüssen und auf einer Bürgerversammlung erklärten Willen? Bürgerbeteiligung scheint Herr Klipp nur dort en vogue zu finden, wo sie seinen politischen Ansichten entgegen kommt.
Was die Bibliothek betrifft: Die Entscheidungen sind gefallen, der Entwurf mag nicht jedem gefallen, aber das wird und muss Architektur auch nie leisten können. Am Beispiel der Bibliothek wird sich zeigen, ob Potsdam eine Stadt der architektonischen Vielfalt oder der architektonischen Einfalt wird.
Markus Wicke, Potsdam
Zu: „’Cinemaxx-Architektur in Stadtrandlage’. Um die Sanierung der Bibliothek wird in Potsdam heftigst gestritten – dabei ist die Entscheidung schon längst gefallen“, 13.02. 2010
Der tendenziöse Artikel fordert zum Widerspruch heraus. Der Beitrag lässt den Eindruck entstehen, als hätte es seitens der Befürworter des jetzigen Entwurfs nur Verteidigungsreden und Rechtfertigungsversuche gegeben, die Gegenseite hingegen mit überzeugenden Argumenten geglänzt. Genau das Gegenteil war der Fall.
Wer die Veranstaltung besucht hat, konnte sich davon überzeugen, dass Architekten, Stadtplaner und sachkundige Diskussionsteilnehmer, die dem Konzept von Architekt Reiner Becker den Vorzug gaben, nicht nur zahlenmäßig, sondern auch argumentativ ganz klar überlegen waren. Schon die Artikelüberschrift „Cinemaxx-Architektur in Stadtrandlage“ soll uns auf angeblich zu erwartende ästhetischen Grausamkeiten einstimmen. Verschwiegen wird in dem Artikel hingegen, dass der Urheber des Headline-Zitats, Professor Ludger Brands von der Potsdamer Fachhochschule, eine peinliche Niederlage einstecken musste. Sein schnarchiger Gegenentwurf wurde vom Auditorium zu Recht mit spöttischem Gelächter quittiert.
Dass er den Anhängern einer historisierenden Piefkearchitektur preußischer Prägung einen Bärendienst erwiesen hatte, wurde ihm spätestens nach den spitzen Bemerkungen von Architekturkritiker Falk Jäger und Stadtentwicklungs-Chef Oliver Graumann bewusst. Überhaupt gibt die Auswahl der Diskussionsbeiträge nicht auch nur annähernd das wirkliche Verhältnis der Wortmeldungen zum Becker-Entwurf wieder. Neben Professor Brand waren die einzigen Kritiker lediglich der zitierte Architekt Christian Wendland und der erwähnte Bürger, der sich über den „Leitbau der sozialistischen Moderne“ erregte.
Für den nächsten Artikel zum Thema wünsche ich mir mehr Objektivität.
Hubertus Rufledt, Potsdam
Ins Auge fallender Bau
Zu diesem Entwurf kann man Herrn Becker nur gratulieren: Ein wirklich ins Auge fallender Bau, an hervorragender Stelle und aus den Nebengebäuden hervorragend. Allein die Lichtwirkung an dunklen Winterabenden sollte eine starke Wirkung ausüben. So stellt man sich ein einladendes Haus für alle Bürger vor. Nun wird offenkundig, was auf dem Alten Markt hätte entstehen können, an Stelle der unseligen Schlosskopie. Der Unterzeichner war auch einmal Student, aber den Entwurf Brands/ Linnartz hätte er nicht mehr gegenübergestellt. Er gleicht zu sehr dem oft gescholtenen IHK- Gebäude in seiner Wirkung.
Heinz Schmidt Kleinmachnow
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