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Lesermeinung: Pyrrhussieg

Als Spitzenkandidat der CDU bei der Wahl zur Gemeindevertretung war er angetreten: Bürgermeister Enser, der ohnehin bereits kraft Amtes nach der Kommunalverfassung Brandenburg Mitglied der Gemeindevertretung war. Nun lässt er sich als Wahlsieger feiern, doch es ist nur ein Pyrrhussieg.

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Als Spitzenkandidat der CDU bei der Wahl zur Gemeindevertretung war er angetreten: Bürgermeister Enser, der ohnehin bereits kraft Amtes nach der Kommunalverfassung Brandenburg Mitglied der Gemeindevertretung war. Nun lässt er sich als Wahlsieger feiern, doch es ist nur ein Pyrrhussieg. Schon bald wird ihn die Realität einholen und er wird – hoffentlich unter objektiver Mitwirkung der Kommunalaufsicht – die allein entscheidende Frage beantworten müssen, warum er es als verantwortlicher Verwaltungsleiter zuließ, dass es zwei Klassen von Bürgern in Stahnsdorf gibt: Die eine, die für ihre erneuerte Straße zahlen musste, die andere, die für ihre erneuerte Straße nicht zu zahlen braucht! Ist das die neue Stahnsdorfer Abgabengerechtigkeit? Da hilft der Hinweis darauf, dass er 1993 beim Kanalbau noch nicht im Amt war, ebenso wenig weiter wie die akademische Frage, ob in der Auftragsvergabe ein Bauprogramm der Gemeinde gesehen werden kann! Spätestens als vor zwei Jahren die Bürger sich mehrfach an ihn persönlich gewandt und die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung angezweifelt hatten, musste er persönlich Flagge zeigen und die Beitragsbescheide stoppen, statt seine Bauamtsleiterin weiterwursteln zu lassen. Als die Anwohner nicht mehr weiter wussten, luden sie mich, die mich teilweise aus verschiedenen Fachseminaren persönlich kannten, zu einem Vortrag über die Voraussetzungen von rechtmäßigen Straßenbaubeitragserhebungen in eine öffentliche Bürgerversammlung ein. Da erschien plötzlich Herr Enser, um ein Grußwort – wie er es nannte – zu sprechen und machte sich alsbald aus dem Staub, als es um das Eingemachte ging, nicht ohne zuvor noch den unberechtigten Vorwurf in die Runde zu streuen, man hätte sich doch an ihn wenden können, statt mich zu einem Vortrag einzuladen. Aber auch die Bauamtsleiterin, die angeblich für Herrn Enser sprach, gab auf die mehrfache Frage der Bürger nach dem Bauprogramm für den Meisenweg keine präzise Antwort. Und schon bald stellte sich heraus, dass die unter seiner Verwaltungsführung geltend gemachten Beitragsforderungen nicht rechtmäßig waren. Und deshalb brauchten folgerichtig die Kläger nicht zu zahlen. Diese unterschiedliche Behandlung der Bürger musste Herr Enser verhindern, denn die Bürger in einer Straße bilden eine Solidargemeinschaft. Aber diese Verwaltungsleitung war nicht in der Lage, die drohende Verjährung der Beitragsforderungen durch einfache Vorausleistungsbescheide zu verhindern. Es geht jetzt um die Konsequenzen aus diesem Verwaltungshandeln. Wie sagte man mir neulich: Sicher, zum Stimmenfänger hat es gereicht, zum Bürgermeister aber gehört mehr! Als ich in Halle einen Vortrag über die wesentlichen Voraussetzungen eines hauptamtlichen Bürgermeisters hielt, habe ich eingangs gesagt: 1. Er muss wissen wollen, wo den Bürgern der Schuh drückt, 2. Er muss Managementqualitäten besitzen, d. h. Verantwortlichkeiten verantwortlich übertragen können, 3. Man muss ihm in den Augen ansehen können, wie er die ihm anvertrauten Bürger liebt. Daran gemessen ist der Bürgermeister Enser wohl über die Lernphase nicht hinaus gekommen. Alle Verantwortlichen sollten deshalb an einem Strang ziehen, um eine weitere Welle des Negativimages von Stahnsdorf zu verhindern. Ulrich Hoffmann, Potsdam

Ulrich Hoffmann

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